Bevor Schwesta Ewa berühmt wurde… | KURZBIOGRAPHIE
Eine deutsche Rapperin,
die früher jahrelang als Prostituierte gearbeitet hat.
Mit diesem Alleinstellungsmerkmal und ihrer Nähe zum Rotlicht
sorgt Schwesta Ewa seit 2011 für Schlagzeilen.
Als ganz schön assi könnte man sie abstempeln.
Doch was muss passieren, damit eine Frau diesen Weg einschlägt?
Schauen wir uns doch mal genauer an,
was für Hinweise und prägende Erlebnisse
wir an ihrer Biographie sowie an Interviews finden können.
(Ploppen, Schreibgeräusche)
Alles hätte so friedlich anfangen können.
Doch schon vor ihrer Geburt,
als Ewa sich noch im Bauch ihrer Mutter befand,
beginnt die Misere.
Polizisten stürmen die Wohnung der jungen Familie
und bringen Ewas kriminellen Vater ins Gefängnis.
Und der muss ganz schön viel Dreck am Stecken gehabt haben,
denn Ewas schwangere Mutter hat Angst,
dass sich jemand wegen seiner Taten an ihr oder dem Kind rächt,
packt deswegen ihre Sachen und haut ab.
Als Ewa kurz darauf am 16. Juli 1984 im nördlichen Polen zur Welt kommt,
wird auch für sie das Untertauchen über drei Jahre zum Alltag.
Denn Mutter und Tochter bleiben nie lange in einer Stadt,
sie wechseln oft ihren Wohnort. (Düstere Musik)
Das hinterlässt natürlich seine Spuren:
Sagt Ewa. (Melancholische Musik)
Ein Ausweg muss her,
und so reift allmählich der Plan, das Heimatland Polen zu verlassen
und in die USA auszuwandern.
Doch kommt alles ganz anders,
als sie auf dem Weg einen Zwischenstopp
in Deutschland machen müssen.
In Ewas Gegenwart verhält sich ihre Mutter im Supermarkt
nämlich nicht ganz so korrekt.
An sich noch nichts Besonderes -
Ewa hatte sie schließlich auch in Polen
schon häufiger beim Klauen beobachten müssen.
Doch läuft es ausgerechnet an diesem Tag komplett schief.
(Ruhige Musik) Tja, schlechtes Timing.
Denn ihr Flugzeug, das sie nach New York bringen sollte, verpassen sie
und ihre Green Card, wie auch immer sie an die gekommen waren, verfällt.
Wie ärgerlich. Was sollten sie jetzt tun?
Die beiden versuchen, das Beste draus zu machen
und reisen weiter nach Kiel.
Eine Bekannte soll ihnen dort eine Unterkunft besorgen,
so der Plan.
Doch da wird leider nichts draus,
die besagte Frau taucht einfach nicht auf.
(Musik stoppt und beginnt wieder.)
Wieder beobachtet Ewa,
wie man mit fremdem Eigentum Probleme lösen kann.
Dieses Mal in Form von einem gestohlenen Schlafsack.
Als wenn das noch nicht genug wäre,
gibt es außerdem erst mal nur eine provisorische Behausung.
Erinnert sich Ewa.
Einige Wochen lang hätten sie so gelebt, meint die Rapperin,
bis die beiden schließlich in einem Frauenhaus unterkommen.
Super angenehm wird's an diesem Ort allerdings auch nicht,
denn Ewa wird hier leider schnell zur Außenseiterin.
Als "Scheiß Polackin" habe man sie beschimpft.
Klar, dass man da irgendwann wütend wird.
Im Kindergarten geht's ähnlich weiter.
Ewa kann sich auch rückblickend nicht erklären,
warum ausgerechnet immer sie zur Zielscheibe wurde.
Doch wehrt sie sich hier zum ersten Mal
und bekommt prompt umso doller auf den Deckel.
Ihre Mutter wird nämlich gerufen
und bestraft sie daheim auf recht altmodische Weise.
(Schlaggeräusche) Aua!
Durch die ständige Gewalt zu Hause
habe sie einen psychologischen Knacks bekommen, sagt Ewa.
Viel einschneidender kann da sicherlich
nur ein Erlebnis gewesen sein.
(Türsummer, düstere Musik)
Als Ewa sieben Jahre alt ist,
verabredet sie sich nämlich zu einer Fahrradtour mit Peter,
einer Erwachsenenbekanntschaft aus dem Supermarkt.
Gemeinsam fahren sie durch einen Wald
und halten bei einem abgelegenen Teich.
Als Ewa mitbekommt, dass sie in einem Hinterhalt steckt,
ist es allerdings schon zu spät.
Peter vergewaltigt sie.
(Düstere Musik) Wow.
Unvorstellbar, was dieses Erlebnis mit Ewa angerichtet haben muss.
In jedem Fall scheint sie aber all den Schmerz
mit sich selbst ausgemacht zu haben.
Denn als sie vollkommen durcheinander nach Hause kommt,
entscheidet sie sich, die Geschichte vor ihrer Mutter zu verheimlichen,
um sie nicht zu beunruhigen.
Dass der Täter deswegen ungestraft davonkam,
wäre übrigens gar nicht so unwahrscheinlich.
Laut der Auswertung eines Kriminologen
würden über 85 Prozent aller vergewaltigten Frauen
in Deutschland keine Anzeige erstatten.
Gründe dafür gibt es viele -
Scham und Angst sind sicher zwei davon.
Phu, ganz schön heavy.
(Bewegte Musik)
Ein kleiner Lichtblick in Ewas Jugend scheint damals zur Abwechslung
jedoch der Umzug in eine Hochhaussiedlung zu sein.
Eigentlich keine schöne Gegend ...
Erinnert sich Ewa.
Der Grund dafür ist verständlich:
Denn zwischen den vielen dort lebenden Migranten
findet Ewa zum ersten Mal richtige Freunde.
Sie sind es auch,
mit denen sie nach Schulschluss durch die Kieler Geschäfte zieht
und alles Mögliche klaut.
Der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm, könnte man meinen.
Doch setzt sie noch eins drauf
und sammelt so viele Anzeigen,
dass man ihr schließlich eine Therapie gegen ihre Sucht
nach dem Stehlen verordnet.
Gebracht habe das wohl aber auch nichts mehr,
sagt Ewa.
Oh Mann.
Trotzdem wird sie auch auf legale Weise Geld verdienen
und beginnt mit 17 Jahren als Servicekraft
in einer Hafenkneipe zu arbeiten.
Das Geld ist knapp, vermutlich ist Ewa einfach nur froh,
einen Job zu haben, und hinterfragt deswegen nicht,
wo sie sich da überhaupt befindet.
Erst nach und nach checkt sie,
dass die Leute um sie herum Freier, Zuhälter und Prostituierte sind.
Doch das schockiert sie nicht, im Gegenteil:
Erinnert sich Ewa.
Vermutlich gefiel ihr das selbstbewusste Auftreten
und die tückische Macht, die die Frauen innehatten.
In jedem Fall aber hatten sie, im Gegensatz zu ihr,
jede Menge Kohle, schicke Klamotten und teuren Schmuck.
Das wollte sie auch.
Dass man auch mit anderen Dingen reich werden könnte,
scheint sie früher wie heute auszublenden.
Und so steht bald fest:
(Aufregende Musik)
Ewa wäre allerdings nicht Ewa,
wenn nicht auch dieser Lebensabschnitt
von Rückschlägen geprägt wäre.
Denn so ziemlich alles,
was bei ihrem Einstieg ins Rotlichtmilieu schieflaufen konnte,
läuft schief.
So wurde sie zum Beispiel,
noch bevor sie den ersten Freier bedienen konnte,
kurzzeitig nach Polen abgeschoben,
weil sie laut eigener Aussagen
mit einer Waffe auf dem Straßenstrich erwischt wurde.
Zurück in Deutschland will sie es trotzdem noch einmal
in einem Bonner Bordell versuchen -
und, nun ja, hier flutscht es dann nach einer Weile so richtig.
Ewa hat nämlich bald ihr ganz eigenes Erfolgskonzept:
Warum das nicht überraschend klingt?
Ewa wurde ihr ganzes Leben lang von anderen zurückgehalten,
ausgegrenzt, geschlagen und unterdrückt.
Als Prostituierte hat sie nun durch ihre Abzockmethoden
endlich die Macht und kann sich indirekt für alles Schlechte rächen.
Die Menschen haben ihr Leben früher zur Hölle gemacht,
jetzt zahlt sie es ihnen heim,
könnte sich Ewa womöglich gedacht haben.
Jahre vergehen im Rotlicht, mit vielen Ups und Downs.
So wird Ewa zum Beispiel eine Zeit lang cracksüchtig,
schafft jedoch nach einer Weile den Entzug.
Außerdem arbeitet sie auf Straßenstrichen in ganz Europa
und verdient angeblich bis zu 30.000 Euro im Monat.
Immer wieder nimmt sie sich vor, auszusteigen,
doch packt es nicht.
Dass sie den Absprung am Ende doch noch schafft,
ist reines Glück.
Denn eigentlich wollte sie diesen Rapclip nur drehen,
um als Prostituierte regional bekannter zu werden,
um so mehr Kunden anzulocken.
Doch als das Musikvideo über Nacht auf YouTube viral geht,
kann sie - wenigstens mit einem Bein - vom Rotlicht zurücktreten.
Ewa gibt nämlich an,
seit diesem Tag selbst nicht mehr anschaffen zu gehen.
(Lässige Musik)
Eine große Hilfe war ihr damals übrigens auch SSIO,
der zu Anfang beim Textschreiben geholfen hat.
Seine Biographie könnt ihr euch hier ansehen.
Und wie illegale Prostitution auf dem Straßenstrich abläuft,
seht ihr in diesem Beitrag von "STRG_F".
Bis zur nächsten Inspiration, der Biograph.