Bevor Teddy berühmt wurde… | KURZBIOGRAPHIE
beinahe auf die schiefe Bahn geraten, bis ihn die Schauspielerei rettete.
"Was labersch du", würde Antoine wohl sagen,
wenn wir diese Folge von Der Biograph so aufziehen würden.
Nur auf diese Teile seines Lebens reduziert zu werden,
nervt den Comedian nämlich.
Dies ist also keine Aufsteiger-Geschichte
vom Flüchtlingskind zum Star.
Dies ist die Geschichte von Tedros Teclebrhan,
bevor er berühmt wurde.
Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2020)
1983, Asmara, damals Äthiopien, heute Eritrea.
Die Stadt ist besetzt
und Schauplatz des Eritreischen Unabhängigkeits-
und Äthiopischen Bürgerkriegs.
Während dieser gewaltsamen Zustände,
die schon mehrere Jahrzehnte anhalten,
bringt Ametelidet Teclebrhan
am 1. September ihren dritten Sohn zur Welt, Tedros.
Die junge Mutter möchte ihren Kindern
aber eine Aussicht auf ein friedliches Leben ermöglichen.
Also begeben sich die vier auf die Flucht nach Deutschland,
als Tedros gerade einmal sieben Monate alt ist.
Der Vater versichert, einfach später nachzukommen.
Ihren ersten Zufluchtsort findet die Familie in einer Asylunterkunft
in Mannheim, kommt dann in eine Einrichtung in Karlsruhe
und landet schließlich in einer Wohnung in Mössingen,
eine 20.000-Einwohner-Stadt am Rande der Schwäbischen Alb.
Auf seinen Vater wartet Tedros hier jedoch vergebens.
Halt gibt ihm stattdessen sein christlicher Glaube,
die Tatsache, dass zu Hause Tigrinya gesprochen
und manch andere eritreische Gepflogenheit
ins Ländle gebracht wird.
Die Jungs haben viel Freiheit, weil ihre Mama fast immer arbeitet.
So lebte seine Familie von der Hand in den Mund, sagt Teddy heute.
Trotz finanzieller Engpässe sei seine Kindheit aber sehr glücklich gewesen.
Vielleicht auch deswegen, weil er die Wahrheit vor Gleichaltrigen
gern ein bisschen beschönigt.
Ein wichtiger Ort für ihn in dieser Zeit ist der Rote Platz.
Hier hängt Teddy mit seinen Jungs ab.
Nebenan befindet sich die Hauptschule,
für die er nach der vierten Klasse eine Empfehlung bekommt,
welche seine Mutter direkt abnickt.
Sie vertraut der Einschätzungen der Lehrer.
Schon als Schüler liebt er es, zu entertainen
und gibt gern den Klassenclown.
Trotz der frechen Sprüche bleibt er aber immer höflich und nett.
Neben der aufmüpfigen
hat er eben auch eine sehr schüchterne und emphatische Seite.
Weil er aber irgendwann immer öfter die Schule schwänzt,
steht eines Tages das Jugendamt auf der Matte.
An sich nichts Besonderes,
die Behörde begleitet seine Familie schließlich seit seiner Kindheit.
So wird er jetzt aber vor die Wahl gestellt:
ins Heim ziehen, weit weg von zu Hause
oder zu einer Schule ins nahegelegene Tübingen wechseln.
Eigentlich will Teddy nicht weg.
Doch dann blickte er seine unglückliche Mutter an
und will ihr beweisen,
dass er selbstständig Entscheidungen treffen kann.
Ein Jahr lang lebt er also in diesem Heim in der Pfalz,
knapp zwei Stunden entfernt von Daheim.
Vor Ort trifft er auf Jugendliche,
die Teddy rückblickend "verlorene Kinder" nennt.
So viel wie die hat selbst der 15-Jährige
längst nicht auf dem Kerbholz.
Zurück in Mössingen sollte es trotzdem nicht besser werden.
Statt beim Berufs-Vorbereitungsjahr im Klassenzimmer zu büffeln,
hängt er lieber mit Kumpels ab.
Auch die Lehre zum Textilveredler zieht er nicht durch.
Teddy Teclebrhan - ein Problem-Jugendlicher?
Nö, sagt er heute, er sei einfach verstreut gewesen, planlos,
wusste nicht, wohin mit sich.
Was er aber schon damals weiß,
dass er Bock aufs Entertainen und Singen hat.
Also nimmt er bei einem Vorsprechen für eine Castingshow teil,
bekommt aber keinen Ton raus.
Sein nächster Plan: wie viele seiner Kumpels,
die gerade ihr Abi hinter sich haben, auch mal die Welt zu bereisen.
Da er jedoch kein Geld hat, besucht er seine Tante in Kanada.
Bei ihr kann er umsonst wohnen und intensive Gespräche führen.
So begreift er durch ihre Erzählungen,
was seine Mama damals durchmachen musste und schämt sich plötzlich.
Dafür, dass er ihr so viel Kummer bereitet hat,
dafür, dass er nie zu ihr und ihrer Vergangenheit gestanden hat.
Ihm wird bewusst: Ich muss mit meinem Leben klarkommen.
Häufiges Beten gibt ihm dabei fortan wieder Kraft.
Teddy schöpft neue Hoffnung,
holt, zurück in Deutschland, seinen Realschulabschluss nach,
leistet Zivildienst und schlägt sich eines Tages selbst
als Moderator eines Festivals in der Region vor.
Denn er genießt es doch immer,
auf der Bühne zu stehen und Menschen zum Lachen zu bringen.
In ihm wächst der Wunsch, so etwas auch beruflich zu machen.
Eine Stuttgarter Schauspielakademie
erscheint ihm als richtige Anlaufstelle.
Beim Improvisieren ist er unschlagbar.
Damit, dass man dort mit allen Studenten kritisch umgeht,
muss er aber jetzt mal klarkommen.
Um die Schule zu finanzieren, kellnert er in einer Weinstube.
Dort bedient er alte Schwaben, die Sprüche klopfen.
Doch Teddy nimmt es ihnen nicht krumm.
Aus ihnen spreche schließlich nicht der pure Hass,
sie wüssten es nur einfach nicht besser.
Trotz ihrer unangebrachten Sprüche hätten sie das Herz am rechten Fleck.
Und deswegen möchte er es anders machen als sie,
ihnen ohne Vorurteile begegnen.
Nach seinem Abschluss an der Schauspielakademie,
folgen ab 2008
kleine Engagements und Rollen als Tankwart oder Dealer im Fernsehen.
Zum ersten Mal richtig Geld verdienen kann er aber erst mit der Hauptrolle
im Musical "Hairspray".
Als auch damit eines Tages Schluss ist,
nimmt Teddy mit seinen Kumpels Comedy-Videos auf,
in denen er in verschiedene Rollen schlüpft.
So erschafft er beispielsweise Ernst Riedler, einen Mann,
der rassistische Sprüche rausknallt, aber alles irgendwie immer gut meint.
Mit viel Empathie kreiert er
diese Figur in Anlehnung an seine eigenen Erfahrungen,
erinnern seine Sprüche doch stark an die der Herren aus der Weinstube.
So stellt er sich im Mai 2011 im Feinripp-Unterhemd
vor die Kamera seiner Kumpels
und sprengt als Antoine das YouTube-Universum.
Fast 40 Mio. Klicks kann Teddy mit der Rolle des Migranten,
der nichts zu wissen scheint, aber trotzdem auf dicke Hose macht,
bis heute einfahren.
All seine Figuren speisen sich aus seinem Leben.
Menschliche Schwächen, wie eigene Ängste,
seien dabei besonders inspirierend.
So kann er, als er Antoine erfindet, zum Beispiel nachfühlen, wie es ist,
belächelt zu werden.
"Ich habe mich früher oft nicht getraut, auf Fragen zu antworten,
weil andere auf besseren Schulen waren."
Um mit Vorurteilen fertig zu werden,
die ihn anfangs vielleicht noch treffen,
helfe aber schon immer sein Humor.
Denn, wie er selbst sagt:
"Für mich und meine Familie gehört Humor zur Kultur
und beschleunigt die Heilung."
Um Rollenklischees geht es auch in diesem Video.
Und eine weitere interessante Biographie
ist hier ebenfalls verlinkt.
Bis zur nächsten Inspiration. Der Biograph.