Bevor Wladimir Putin berühmt wurde… | KURZBIOGRAPHIE
. Sein Name ist Putin. Wladimir Putin.
Und dieser Name ist Programm.
Immerhin bedeutet Wladimir "großer Herrscher".
Zumindest die Macht des russischen Präsidenten scheint gewaltig.
Und so präsentiert er sich auch gern,
was nicht selten von der Internetwelt parodiert wird.
Was für ein Mensch hinter diesen Inszenierungen steckt
und was er damit bezwecken will?
Das ergründen wir in dieser Folge von "Der Biograph".
Untertitel: ARD Text im Auftrag von funk (2020)
1942, Leningrad.
Die Hafenstadt ist durch Truppen der deutschen Wehrmacht belagert.
Bis zum Ende der Blockade werden hier 1 Mio. Menschen zu Tode kommen.
Darunter der kleine Wiktor.
Er hinterlässt eine tieftraurige Mutter
und einen kriegsverwundeten Vater.
Die beiden haben nun bereits zwei Söhne beerdigen müssen.
Zehn Jahre später, die Eheleute sind schon über 40 Jahre alt,
geschieht ein kleines Wunder.
Trotz Kriegsverletzungen und Traumata ist Mutter Maria erneut schwanger.
Am 7. Oktober 1952 bringt sie also ihren dritten Sohn zur Welt.
Wladimir Wladimirowitsch Putin.
Und der erzählt gern
die Geschichte seiner sowjetischen Bilderbuchfamilie.
Vom Vater, dem Mann aus der Arbeiterklasse,
der sich als Kommunist
für eine klassenlose Gesellschaftsform einsetzte
und freiwillig für sein Land kämpfte.
Von der Mutter, einer Fabrikarbeiterin, der Güte in Person.
Es gibt da aber auch noch eine andere Version seiner Vergangenheit,
wie "Die Zeit" 2015 berichtete.
Die spielt über 2000 km entfernt, in einem georgischen Dorf.
Dort behauptet eine 93-jährige Frau,
Wladimir Putins leibliche Mutter zu sein.
Mit neun Jahren habe sie den Jungen
aus persönlichen Gründen abgeben müssen.
Erst daraufhin sei er nach Leningrad gekommen.
Der Geheimdienst war da, um Beweisdokumente zu stehlen,
sagt sie und ihre Nachbarn.
Der russische Präsident, ein uneheliches Kind aus Georgien?
Feststeht, Ende der 50er Jahre besuchte tatsächlich ein Junge
mit gleichem Namen die dortige Dorfschule.
Ob dieser Junge auch zum Staatsoberhaupt wurde,
weiß allerdings nur Putin selbst.
Dies soll aber nicht die einzige Widersprüchlichkeit
in seinem Lebenslauf bleiben.
Gern betont er nämlich den Mythos einer knallharten Kindheit,
in der im Hinterhof die Fäuste regierten.
Putin war ein schmächtiger Junge,
daher begann er mit elf Jahren mit dem Judo.
Pathetisch sagt er heute:
Legendenhafte Übertreibung oder knallharte Wahrheit?
Eine Historikerin vermutet in einer ZDF-Doku,
dass er mit solchen Worten
sein Image als offensiver, kühner Gegner aufpoliert.
Etwas, das er nicht nur auf der Matte,
sondern auch später in der Weltpolitik zur Schau trägt.
Doch seinen Drang nach Ansehen und Respekt
soll zunächst ein anderer Beruf stillen.
So wird ihm bei einem Kinobesuch als Jugendlicher klar,
dass er Spion werden will.
Genau wie der Geheimagent im Film,
der furchtlos die deutschen Nazis bespitzelt.
Also meldet er sich beim russischen Geheimdienst KGB.
Die aber empfehlen ihm erst mal ein Studium.
Auch gut, denn an der Uni, wo Putin Jura studiert,
lernt er Ljudmila kennen.
Als er ihr später einen Heiratsantrag macht,
sei er so unbeholfen und staksig gewesen,
dass sie dachte, er wolle sich trennen.
Nach dem Studium klopft aber wirklich der KGB an.
Sie wollen ihn als Undercover-Agenten nach Westdeutschland schicken.
Unter dem Decknamen Motte, unauffällig, aber beharrlich,
lernt er das Agentenhandwerk in Moskau.
Doch nach einem Jahr fliegt Putin vorzeitig aus der Ausbildung.
Eine Schlägerei sei der Grund gewesen.
Dadurch ist der Auslandseinsatz im Feindesgebiet erst einmal gegessen.
Für einen Bruderstaat genügt es jedoch.
1985 kommt Putin nämlich in eine KGB-Außenstelle nach Dresden.
Agentenabenteuer? Fehlanzeige!
Dafür gefällt ihm die deutsche Lebensart.
Er holt seine Frau und Tochter Marija nach
und empfängt sie mit einem ganz besonderen Geschenk.
Dank einiger Annehmlichkeiten führen die Putins ein glückliches,
fast wohlhabendes Leben in Deutschland
und finden Gefallen an den vorherrschenden Traditionen.
Ende der 80er Jahre
bricht Putins sozialistische Welt allerdings zusammen.
Michael Gorbatschow öffnet mit Glasnost und Perestroika
sein Heimatland weiter in Richtung Demokratie.
In der DDR gehen Bürger für ihre Freiheit auf die Straße.
So auch 1989, als Demonstranten das Dresdner KGB-Gebäude stürmen wollen.
Putin tritt vor die Menschenmenge,
eine Szene, von der es erneut unterschiedliche Darstellungen gibt.
In seiner Version gibt er sich als Dolmetscher aus
und entschärft die Situation durch Zureden.
Ein Augenzeuge hingegen erinnert sich da an etwas anderes.
Mit dem Fall der Mauer und damit des Eisernen Vorhangs
kehrt die Familie in ihre Heimat zurück,
wo der sozialistische Staat offiziell aufgelöst wird.
Agenten sind von nun an überflüssig,
da es formal keine Feindesstaaten mehr gibt.
Putin landet beiseitegeschoben als Reserveoffizier an der Hochschule.
Dass er fließend Deutsch spricht,
rettet ihn schließlich vor einer Talfahrt in seiner Karriere.
Denn der St. Petersburger Bürgermeister setzt den 38-Jährigen
als Berater ein, der internationale Kontakte aufbauen soll.
"Der Deutsche", wie Putin bei Kollegen heißt,
besucht oft die wiedervereinte Bundesrepublik,
denn Deutschland gilt als weltoffen und modern.
Weitreichende Kontakte
bringen Putins politische Karriere ins Rollen.
Mit seinem Mentor Boris Beresowski,
einem Oligarchen mit großem politischen Einfluss,
bekommt Putin Zugang zu den obersten Entscheidungsrängen.
So wird er 1999 zum Ministerpräsidenten ernannt
und ist im Volk bis dahin weitgehend unbekannt.
Imageberater beginnen also,
Putin als entschlossenen Politiker zu inszenieren,
der das mitgenommene Land aus der Krise führen soll.
Eine Leitfigur für die Nation,
unerschrocken und umsichtig durch seine Erfahrung als Agent,
stark und souverän durch seinen gestählten Körper.
Einer, der Russland im Ausland den gebührenden Respekt verschaffen kann.
Dazu kommt er mit 47 Jahren frisch und dynamisch daher,
behält aber trotzdem die Traditionen im Blick.
Gepaart mit einer einheitlichen Pro-Putin-Berichterstattung
in den Medien, die von Gönnern finanziert worden sein soll,
kommt er im Jahr 2000 gut an im Volk.
Zum ersten Mal wird er zum Präsidenten gewählt.
Das ist nun 20 Jahre her.
Putin ist mittlerweile 67, was eher nach Ruhestand
und weniger nach Sturm und Drang klingt.
Wogegen er heftig ansteuert.
Noch heute inszeniert sich Putin
nämlich als kraftvolles, unkaputtbares Alphatier.
Auch seine faltenfreie Visage,
die ein oder andere Straffung wird ihm nachgesagt,
soll einen langlebigen Eindruck seines Systems vermitteln.
Sollte ihm diese Wirkung trotz unsterblicher Optik nicht gelingen,
so scheut er auch vor konkreteren Maßnahmen nicht zurück.
Eine eigens vorangetriebene Gesetzesänderung
soll es ihm ermöglichen, bis 2036 im Amt zu bleiben und nicht,
wie verfassungsrechtlich vorgeschrieben,
in ein paar Jahren schon auszuscheiden.
Dann wäre er 83 Jahre alt
und könnte bestimmt noch den ein oder anderen Bären zerlegen.
Ob es tatsächlich so weit kommen wird,
hat "MrWisssen2go" bereits diskutiert.
Eine weitere interessante Biographie ist hier ebenfalls verlinkt.
Bis zur nächsten Inspiration, "Der Biograph".