×

Vi använder kakor för att göra LingQ bättre. Genom att besöka sajten, godkänner du vår cookie-policy.


image

malgli, Die Emser Depesche - Wie fange ich einen Krieg an?

Die Emser Depesche - Wie fange ich einen Krieg an?

Wie fängt man in der Moderne einen Krieg an?

Früher war das ja leicht.

Man zerrt ein paar Bauern von den Feldern und marschiert gegen den Feind.

Aber heute hat der vermaledeite Pöbel ja Mitspracherecht!

Und der mag es aus irgend einem Grund nicht in sinnlosen Kämpfen auf den Schlachtfeldern

zu krepieren damit es seinen Vorgesetzten noch besser gehen könne.

Wie aber dann einen Krieg führen?

Lasst uns in dieser Sache einen Experten befragen: Hermann Göring:

„Natürlich, das einfache Volk will keinen Krieg, aber schließlich sind es

die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen,

und es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bringen

Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen

Diese Methode funktioniert in jedem Land.“

Es ist also eigentlich ganz leicht: man lügt einfach.

Aber lügen ist unelegant; eine grobe Lösung für grobe Probleme.

Was, wenn ich es nötig habe, dass der andere wirklich zuerst angreift?

Was, wenn ich es brauche, dass der andere zuerst angreift, das Volk und meine Verbündeten

sich auf meine Seite schlagen und andere Länder sich aus der Sache heraushalten?

Was also, wenn ich einen mörderischen Krieg heraufbeschwören will, aber mit Stil?

Nun, dafür braucht es schon etwas mehr Geschick.

Und Glück. bergeweise Glück.

Unsere Geschichte spielt in Mitteleuropa, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

genauer: 1868.

Unsere erste Hauptfigur, Preußen, hat vor zwei Jahren im Deutschen Krieg Österreich besiegt.

Es hat mehrere norddeutsche Staaten annektiert

und sich mit den übrigen zum Norddeutschen Bund vereint.

Österreich ist außer Gefecht gesetzt und Preußen ist stärker als je zuvor.

Der Anschluss der süddeutschen Staaten und damit die Vereinigung Deutschlands ist jetzt

nicht mehr weit.

Aber es gibt noch eine Macht die das verhindert: Frankreich, unsere zweite Hauptfigur.

Frankreich war bisher die stärkste Macht auf dem Europäischen Festland.

Ein vereinigtes Deutschland könnte diese Position bedrohen.

Deswegen hatte die preußische Regierung nach seinem Sieg über Österreich versprechen müssen,

preußischen Einfluss nicht auf die süddeutschen Staaten auszubreiten.

Trotzdem war Napoleon III, der französische Kaiser, verärgert.

Er hatte gehofft, als Gegenleistung für die französische Neutralität während des Deutschen

Krieges preußische Gebiete zu bekommen.

Darauf hatte die Preußische Regierung aber keine Lust, und so verschlechterte sich das

französisch-preußische Verhältnis, das vorher recht gut gewesen war.

Frankreich verhinderte also den Anschluss der süddeutschen Staaten.

Preußen konnte aber nicht einfach in Frankreich einmarschieren.

Damit hätte es die Süddeutschen Staaten gegen sich aufgebracht, und möglicherweise

dafür gesorgt, dass andere europäische Großmächte sich auf die Seite Frankreichs gestellt hätten.

Beides hätte nicht nur die Vereinigung, sondern auch einen Sieg sehr schwierig gemacht.

Die französische Armee war der des Norddeutschen Bundes wenigstens was Zahlen angeht überlegen.

Preußen hatte zwar mit den Süddeutschen Staaten Defensivbündnisse geschlossen – entgegen

der Übereinkunft mit Frankreich – aber das waren eben nur Defensivbündnisse die

im Falle eines Angriffs wertlos gewesen wären.

Es war also für den Moment nichts zu machen.

Dann aber gab es in Spanien eine Revolution bei der die Königin abgesetzt wurde.

Was hatte das mit Preußen und Frankreich zu tun?

Nun, bei der Suche nach einem neuen König fiel der Blick schon schnell auf einen Deutschen

Prinzen: Leopold von Hohenzollern.

Leopold war ein guter Königskandidat.

Er war nicht zu alt und nicht zu jung; er war katholisch, aber nicht zu katholisch;

seine Frau war eine Portugiesische Prinzessin und er hatte bereits mehrere Söhne,

wodurch die Nachfolge gesichert wäre.

Leopold war sich allerdings nicht so sicher, ob er König eines Landes werden wollte, das

gerade seinen vorigen Monarchen rausgeschmissen hatte.

Deswegen wandte er sich an das Familienoberhaupt der Hohenzollern: König Wilhelm von Preußen.

Der wiederum besprach die Sache mit seinem Kanzler, einem gewissen „Bismarck“.

Wilhelm war nicht begeistert von der Situation, aber Bismarck drängte ihn zuzustimmen.

Es schien also, dass Leopold der neue König von Spanien werden würde.

Dann aber, erfuhr die französische Regierung von der Sache, und rastete komplett aus.

Das mag auf den ersten Blick verständlich scheinen – Frankreich wollte nicht von preußischen

Königen eingekreist werden – ist es aber nicht wirklich.

Leopold war zwar ein Hohenzoller, war aber näher mit Napoleon III verwandt

als mit Wilhelm von Preußen.

Seine Großmutter war die Adoptivtante des Französischen Kaisers.

Dagegen hatte sich die Sigmaringen-Linie der Hohenzollern, aus der er entstammte im zwölften

Jahrhundert abgespalten von der aus der die preußischen Könige stammten.

Auch abgesehen von der Verwandtschaft verstanden sich die Sigmaringer sehr gut mit Napoleon III.

Leopolds Bruder war zum Beispiel auf dessen Empfehlung König von Rumänien geworden.

Leopold hatte sich wegen der Annahme der spanischen Krone an den preußischen König gerichtet,

weil das eine dynastische Angelegenheit war in der er sich an das Oberhaupt seiner Dynastie,

also König Wilhelm, zu richten hatte.

Es stand durchaus nicht fest, dass Leopold als König von Spanien auch in politischen

Angelegenheiten dem preußischen König folgen würde.

Sogar Bismarck hatte mit Leopolds Krönung nur gehofft, das Ansehen des preußischen

Königshauses zu steigern und den französischen Einfluss auf Spanien zu schwächen,

nicht aber, in Spanien selbst an Einfluss zu gewinnen.

Die Lage war also durchaus nicht so kritisch wie man auf den ersten Blick denken könnte.

Es ging der französischen Regierung aber auch nicht wirklich um Spanien, sondern darum,

Preußen international zu schwächen.

Der französiche Außenminister reagierte mit einer Rede in der er sagte:

„Sollte [Leopold von Hohenzollern König von Spanien werden], wüssten wir (...) ohne

Zögern und ohne Schwäche unsere Pflicht zu tun.“

Er drohte also recht unverblümt mit Krieg.

Das war aber genau das, was Bismarck und Preußen brauchten – einen französischen Angriff.

Die französische Regierung hatte sich also mit ihrer Drohung ins eigene Fleisch geschnitten.

Zum Glück kam ihr in dieser Situation ein rettender Engel entgegen:

ausgerechnet König Wilhelm von Preußen.

Er wollte keinen Krieg und setzte Leopold unter Druck, seine Kandidatur zurückzunehmen,

was dieser letztendlich auch tat.

Die französische Regierung hatte also gekriegt was sie behauptet hatte zu wollen:

Leopold würde nicht König von Spanien werden.

Wie wir aber schon sagten, ging es ihr in Wirklichkeit nicht um Spanien.

Man schickte also einen Botschafter zu König Wilhelm, der gerade zur Kur in Bad Ems war,

um von ihm zu fordern, dass nicht nur Leopold,

sondern kein Hohenzoller jemals König von Spanien werden würde.

So etwas für alle Zeiten zu versprechen, war nun wiederum König Wilhelm zu viel –

ganz abgesehen davon, dass die Nachricht, dass Leopold seine Kandidatur zurückgenommen hatte,

noch nicht bei ihm angekommen war.

Als diese Nachricht nur ein paar Stunden später schließlich eintraf, schickte Wilhelm seinen

Adjutanten zum französischen Botschafter, um ihn zu benachrichtigen.

Dieser bat daraufhin um eine zweite Audienz.

König Wilhelm gewährte sie ihm nicht – seiner Meinung nach gab nichts mehr zu sagen.

Das war natürlich schon in gewisser Weiße eine Beleidigung, und vielleicht hätte schon

sie alleine zu einem Krieg geführt.

Es gab aber auch noch die Möglichkeit eines Friedens.

Bismarck wollte aber das real existierende Risiko, dass nicht tausende von Menschen sterben

würden, nicht eingehen.

Er musste noch einen drauf geben.

Dazu kam ihm das Telegramm gerade recht, das der preußische König ihm nach dem Geplänkel

mit dem Botschafter schickte.

Wir kennen es heute als die berühmte „Emser Depesche“.

Es ist ein recht trockener Text.

Der König schreibt, dass der Botschafter die Forderung gestellt hat, dass er ablehnte

und wieso, dass er anfangs noch keine Nachricht von Leopold hatte, später aber eine bekam,

dass er das dem Botschafter gesagt und eine zweite Audienz verweigert hat, und dass Bismarck

die Sache ruhig veröffentlichen darf.

Bismarck veröffentlichte das Telegramm tatsächlich, aber gekürzt – stark gekürzt:

„Nachdem die Nachrichten von der Entsagung des Erbprinzen von Hohenzollern der Kaiserlich

Französischen Regierung von der Königlich Spanischen amtlich mitgeteilt worden sind,

hat der Französische Botschafter in Ems an

S. Maj. den König noch die Forderung gestellt, (...) dass

S. Maj. der König sich für alle Zukunft verpflichte, niemals wieder seine Zustimmung zu geben,

wenn die Hohenzollern auf ihre Kandidatur wieder zurückkommen sollten.

Seine Maj. der König hat es darauf abgelehnt, den Franz.

Botschafter nochmals zu empfangen, und demselben durch den Adjutanten vom Dienst sagen lassen,

dass S. Majestät dem Botschafter nichts weiter mitzuteilen habe.“

Der heutige Leser erkennt vielleicht nicht wie das im 19. Jahrhundert geklungen haben muss.

Ich werde es kurz übersetzen:

Der Französische Botschafter hat mir eine übertriebene Forderung gestellt.

Daraufhin habe ich ihm gesagt, er solle sich verficken.“

Gut, ich übertreibe ein bisschen, aber der Effekt war tatsächlich so.

Die Deutschen lasen vor allem den ersten Teil und waren der Meinung, der Botschafter hätte

den König mit seiner anmaßenden Forderung beleidigt.

Die Franzosen dagegen lasen vor allem den zweiten Teil und hatten den Eindruck ihr Botschafter

sei vom König unhöflich und grob behandelt worden.

Bismarck hatte mit seiner Veröffentlichung erfolgreich einen kleinen diplomatischen Faux-Pas,

den man leicht hätte unter den Tisch kehren können, ausgenutzt, um beide Völker gegeneinander

aufzuhetzen und in Kriegsstimmung zu bringen.

Am 19. Juli 1870 beugte Napoleon III sich dann dem Druck der Öffentlichkeit und seines Kabinetts

und erklärte Preußen den Krieg.

Fast genau sechs Monate später wurde im ehemaligen Französischen Königspalast

die Deutsche Einigung proklamiert

und waren 200.000 Menschen tot.

Learn languages from TV shows, movies, news, articles and more! Try LingQ for FREE

Die Emser Depesche - Wie fange ich einen Krieg an? The|Emser|dispatch|||||| The Ems Dispatch - Πώς να ξεκινήσετε έναν πόλεμο; The Ems Dispatch - How to start a war? The Ems Dispatch - ¿Cómo empezar una guerra? La dépêche d'Ems - Comment déclencher une guerre ? Il Dispaccio Ems - Come si inizia una guerra? The Ems Dispatch - Hoe begin ik een oorlog? The Ems Dispatch - Jak rozpocząć wojnę? The Ems Dispatch - Como começar uma guerra? The Ems Dispatch - Как начать войну? Ems Dispatch - Hur startar man ett krig? Ems Dispatch - Bir savaşı nasıl başlatabilirim? The Ems Dispatch - Як розпочати війну?

Wie fängt man in der Moderne einen Krieg an? How do you start a war in modern times?

Früher war das ja leicht. It used to be easy.

Man zerrt ein paar Bauern von den Feldern und marschiert gegen den Feind. |drags||||||||||| You'd pull some farmers off their fields, and march against the enemy.

Aber heute hat der vermaledeite Pöbel ja Mitspracherecht! ||||damned|mob|| But today the blasted peasants have got the vote!

Und der mag es aus irgend einem Grund nicht in sinnlosen Kämpfen auf den Schlachtfeldern ||||||||||||||battlefields And for some reason they don't like pointlessly dying on the battlefield

zu krepieren damit es seinen Vorgesetzten noch besser gehen könne. |die die||||superiors|||| so that their betters might be even better off.

Wie aber dann einen Krieg führen? But then how you fight a war?

Lasst uns in dieser Sache einen Experten befragen: Hermann Göring: ||||||||Hermann Göring|Göring Let's ask an expert about this matter: Hermann Göring:

„Natürlich, das einfache Volk will keinen Krieg, aber schließlich sind es "Naturally, the common people don't want war.

die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen, But, after all, it is the country's leaders who determine the policy,

und es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bringen |it||||||||| and it is always a simple matter to drag the people along.

Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen All you have to do is tell them they are being attacked

Diese Methode funktioniert in jedem Land.“ It works the same way in any country."

Es ist also eigentlich ganz leicht: man lügt einfach. So it's actually quite easy: you just lie.

Aber lügen ist unelegant; eine grobe Lösung für grobe Probleme. |||unelegant|||||| But lying is inelegant. It's a coarse solution for coarse problems.

Was, wenn ich es nötig habe, dass der andere wirklich zuerst angreift? What, if I need the other to actually attack first?

Was, wenn ich es brauche, dass der andere zuerst angreift, das Volk und meine Verbündeten What if I need the other to attack first, have the people and my allies join my side,

sich auf meine Seite schlagen und andere Länder sich aus der Sache heraushalten? and other countries stay neutral?

Was also, wenn ich einen mörderischen Krieg heraufbeschwören will, aber mit Stil? |||||murderous||summon|||| In other words, what if I want to raise the ghoulish specter of war, but with style?

Nun, dafür braucht es schon etwas mehr Geschick. Well, for that you need a bit more skill.

Und Glück. bergeweise Glück. ||mountains of| And luck. Mountains worth of luck.

Unsere Geschichte spielt in Mitteleuropa, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Our story is set in central Europe, in the second half of the 19th century.

genauer: 1868. 1868, to be exact.

Unsere erste Hauptfigur, Preußen, hat vor zwei Jahren im Deutschen Krieg Österreich besiegt. Our first protagonist, Prussia, defeated Austria in the brothers' war two years ago.

Es hat mehrere norddeutsche Staaten annektiert It annexed many northern German states.

und sich mit den übrigen zum Norddeutschen Bund vereint. and united with the others to form the North German Federation.

Österreich ist außer Gefecht gesetzt und Preußen ist stärker als je zuvor. |||combat|||||||| Austria is no longer a treat, and Prussia is stronger than ever.

Der Anschluss der süddeutschen Staaten und damit die Vereinigung Deutschlands ist jetzt The annexation of the southern states and with it a unified Germany

nicht mehr weit. isn't far off now.

Aber es gibt noch eine Macht die das verhindert: Frankreich, unsere zweite Hauptfigur. Only one power is preventing this: France, our second protagonist.

Frankreich war bisher die stärkste Macht auf dem Europäischen Festland. Until now, France was the strongest force on the European continent.

Ein vereinigtes Deutschland könnte diese Position bedrohen. ||||||threaten A united Germany could threaten this position.

Deswegen hatte die preußische Regierung nach seinem Sieg über Österreich versprechen müssen, So after its victory over the Austrians, the Prussian government had had to promise,

preußischen Einfluss nicht auf die süddeutschen Staaten auszubreiten. |||||||spread not to extend Prussian influence over the southern German states.

Trotzdem war Napoleon III, der französische Kaiser, verärgert. |||||||angry Still, Napoleon III, the French emperor, was upset.

Er hatte gehofft, als Gegenleistung für die französische Neutralität während des Deutschen ||||counterpart||||neutrality||| He had hoped to gain Prussian territory

Krieges preußische Gebiete zu bekommen. as compensation for French neutrality during the brothers' war.

Darauf hatte die Preußische Regierung aber keine Lust, und so verschlechterte sich das ||||||||||worsened|| However, the Prussian government had no plans of doing that,

französisch-preußische Verhältnis, das vorher recht gut gewesen war. and so Franco-Prussian relations, which had been quite good, worsened.

Frankreich verhinderte also den Anschluss der süddeutschen Staaten. |prevented|||||| So France was preventing the annexation of the southern states.

Preußen konnte aber nicht einfach in Frankreich einmarschieren. However, Prussia couldn't just march on France.

Damit hätte es die Süddeutschen Staaten gegen sich aufgebracht, und möglicherweise ||||||||upset|| That would have estranged the southern states,

dafür gesorgt, dass andere europäische Großmächte sich auf die Seite Frankreichs gestellt hätten. and possibly caused other European great powers to choose France's side.

Beides hätte nicht nur die Vereinigung, sondern auch einen Sieg sehr schwierig gemacht. Both would not only have hampered unification, but victory as well.

Die französische Armee war der des Norddeutschen Bundes wenigstens was Zahlen angeht überlegen. The French army was at least numerically superior to the Northern German one.

Preußen hatte zwar mit den Süddeutschen Staaten Defensivbündnisse geschlossen – entgegen |||||||defensive alliances|| Prussia had signed defensive alliances with the southern states -

der Übereinkunft mit Frankreich – aber das waren eben nur Defensivbündnisse die |agreement||||||||| against the agreement with France -

im Falle eines Angriffs wertlos gewesen wären. |||attack|worthless|| but those were just defense, and would have been useless in the case of an attack.

Es war also für den Moment nichts zu machen. So for the moment, nothing could be done.

Dann aber gab es in Spanien eine Revolution bei der die Königin abgesetzt wurde. But then there was a revolution in Spain in which the queen was deposed.

Was hatte das mit Preußen und Frankreich zu tun? How did this relate to Prussia and France?

Nun, bei der Suche nach einem neuen König fiel der Blick schon schnell auf einen Deutschen Well, the search for a new king quickly turned up a German candidate:

Prinzen: Leopold von Hohenzollern. |Leopold|| Prince Leopold Von Hohenzollern.

Leopold war ein guter Königskandidat. ||||king candidate Leopold was a good candidate.

Er war nicht zu alt und nicht zu jung; er war katholisch, aber nicht zu katholisch; He was neither too old nor too young; he was catholic, but not too much so;

seine Frau war eine Portugiesische Prinzessin und er hatte bereits mehrere Söhne, his wife was a Portuguese princess, and he had multiple sons already,

wodurch die Nachfolge gesichert wäre. ||succession|| so the succession would be safe.

Leopold war sich allerdings nicht so sicher, ob er König eines Landes werden wollte, das However, Leopold wasn't really sure if he wanted to be king of a nation

gerade seinen vorigen Monarchen rausgeschmissen hatte. ||previous||thrown out| which had just thrown out their last monarch.

Deswegen wandte er sich an das Familienoberhaupt der Hohenzollern: König Wilhelm von Preußen. ||||||family head|||||| So he turned to the head of the Hohenzollern dynasty: King Wilhelm of Prussia.

Der wiederum besprach die Sache mit seinem Kanzler, einem gewissen „Bismarck“. ||discussed|||||||| He in turn turned to his chancellor for advice, some dude called „Bismarck“.

Wilhelm war nicht begeistert von der Situation, aber Bismarck drängte ihn zuzustimmen. |||||||||pressed||agree Wilhelm wasn't very enthusiastic, but Bismarck urged him to agree.

Es schien also, dass Leopold der neue König von Spanien werden würde. So it seemed as if Leopold would be the new king of Spain.

Dann aber, erfuhr die französische Regierung von der Sache, und rastete komplett aus. ||||||||||flipped|| Then, however, the French government heard about the affair, and completely lost it.

Das mag auf den ersten Blick verständlich scheinen – Frankreich wollte nicht von preußischen This might seem reasonable - France didn't want to be surrounded by Prussian kings -

Königen eingekreist werden – ist es aber nicht wirklich. |circled|||||| but in reality it wasn't.

Leopold war zwar ein Hohenzoller, war aber näher mit Napoleon III verwandt ||||Hohenzollern||||||| Leopold was indeed a Hohenzollern, but he was more closely related to Napoleon III

als mit Wilhelm von Preußen. than to Wilhelm of Prussia.

Seine Großmutter war die Adoptivtante des Französischen Kaisers. ||||adoptive aunt||| His grandmother was the adoptive aunt of the French emperor,

Dagegen hatte sich die Sigmaringen-Linie der Hohenzollern, aus der er entstammte im zwölften ||||Sigmaringen line|||||||descended||twelfth whereas his branch of the Hohenzollern, the Sigmaringen branch,

Jahrhundert abgespalten von der aus der die preußischen Könige stammten. had split from the Prussian kings' in the twelfth century.

Auch abgesehen von der Verwandtschaft verstanden sich die Sigmaringer sehr gut mit Napoleon III. ||||||||Sigmaringen||||| Aside from family ties, too, his family had good relations with Napoleon III.

Leopolds Bruder war zum Beispiel auf dessen Empfehlung König von Rumänien geworden. Leopold's||||||||||| Leopold's brother, for example, had become king of Romania with his help

Leopold hatte sich wegen der Annahme der spanischen Krone an den preußischen König gerichtet, Leopold had turned to the Prussian king about the Spanish crown,

weil das eine dynastische Angelegenheit war in der er sich an das Oberhaupt seiner Dynastie, |||dynastic|||||||||||dynasty because that was a dynastic matter, and King Wilhelm was the head of his dynasty.

also König Wilhelm, zu richten hatte.

Es stand durchaus nicht fest, dass Leopold als König von Spanien auch in politischen

Angelegenheiten dem preußischen König folgen würde.

Sogar Bismarck hatte mit Leopolds Krönung nur gehofft, das Ansehen des preußischen

Königshauses zu steigern und den französischen Einfluss auf Spanien zu schwächen, royal house||||||||||

nicht aber, in Spanien selbst an Einfluss zu gewinnen.

Die Lage war also durchaus nicht so kritisch wie man auf den ersten Blick denken könnte.

Es ging der französischen Regierung aber auch nicht wirklich um Spanien, sondern darum,

Preußen international zu schwächen.

Der französiche Außenminister reagierte mit einer Rede in der er sagte: |French|||||||||

„Sollte [Leopold von Hohenzollern König von Spanien werden], wüssten wir (...) ohne

Zögern und ohne Schwäche unsere Pflicht zu tun.“

Er drohte also recht unverblümt mit Krieg. ||||bluntly||

Das war aber genau das, was Bismarck und Preußen brauchten – einen französischen Angriff.

Die französische Regierung hatte sich also mit ihrer Drohung ins eigene Fleisch geschnitten.

Zum Glück kam ihr in dieser Situation ein rettender Engel entgegen: ||||||||saving||

ausgerechnet König Wilhelm von Preußen.

Er wollte keinen Krieg und setzte Leopold unter Druck, seine Kandidatur zurückzunehmen, ||||||||||candidacy|take back He didn't want war and put pressure on Leopold to rescind on his candidacy,

was dieser letztendlich auch tat. which he did.

Die französische Regierung hatte also gekriegt was sie behauptet hatte zu wollen: So the French government had gotten what they had claimed to want:

Leopold würde nicht König von Spanien werden. Leopold would not become the king of Spain.

Wie wir aber schon sagten, ging es ihr in Wirklichkeit nicht um Spanien. But as mentioned already, this wasn't about Spain.

Man schickte also einen Botschafter zu König Wilhelm, der gerade zur Kur in Bad Ems war, |||||||||||cure|||| So an ambassador was sent to king Wilhelm, who was on holiday in Bad Ems,

um von ihm zu fordern, dass nicht nur Leopold, to demand that not only Leopold,

sondern kein Hohenzoller jemals König von Spanien werden würde. but no Hohenzollern would ever become king of Spain.

So etwas für alle Zeiten zu versprechen, war nun wiederum König Wilhelm zu viel – Promising something like that for all time was just a step to far for king Wilhelm -

ganz abgesehen davon, dass die Nachricht, dass Leopold seine Kandidatur zurückgenommen hatte, ||||||||||withdrawn| and besides, he hadn't received the news of Leopold's rescission yet.

noch nicht bei ihm angekommen war.

Als diese Nachricht nur ein paar Stunden später schließlich eintraf, schickte Wilhelm seinen

Adjutanten zum französischen Botschafter, um ihn zu benachrichtigen. adjutants|||||||notify

Dieser bat daraufhin um eine zweite Audienz. ||||||audience

König Wilhelm gewährte sie ihm nicht – seiner Meinung nach gab nichts mehr zu sagen.

Das war natürlich schon in gewisser Weiße eine Beleidigung, und vielleicht hätte schon

sie alleine zu einem Krieg geführt.

Es gab aber auch noch die Möglichkeit eines Friedens.

Bismarck wollte aber das real existierende Risiko, dass nicht tausende von Menschen sterben

würden, nicht eingehen.

Er musste noch einen drauf geben.

Dazu kam ihm das Telegramm gerade recht, das der preußische König ihm nach dem Geplänkel ||||||||||||||skirmish

mit dem Botschafter schickte.

Wir kennen es heute als die berühmte „Emser Depesche“.

Es ist ein recht trockener Text.

Der König schreibt, dass der Botschafter die Forderung gestellt hat, dass er ablehnte ||||||||||||rejected

und wieso, dass er anfangs noch keine Nachricht von Leopold hatte, später aber eine bekam,

dass er das dem Botschafter gesagt und eine zweite Audienz verweigert hat, und dass Bismarck

die Sache ruhig veröffentlichen darf.

Bismarck veröffentlichte das Telegramm tatsächlich, aber gekürzt – stark gekürzt:

„Nachdem die Nachrichten von der Entsagung des Erbprinzen von Hohenzollern der Kaiserlich |||||renunciation||heir prince||||imperial

Französischen Regierung von der Königlich Spanischen amtlich mitgeteilt worden sind, ||||||officially|||

hat der Französische Botschafter in Ems an

S. Maj. den König noch die Forderung gestellt, (...) dass |Maj|||||||

S. Maj. der König sich für alle Zukunft verpflichte, niemals wieder seine Zustimmung zu geben, ||||||||commit||||||

wenn die Hohenzollern auf ihre Kandidatur wieder zurückkommen sollten.

Seine Maj. der König hat es darauf abgelehnt, den Franz.

Botschafter nochmals zu empfangen, und demselben durch den Adjutanten vom Dienst sagen lassen, |again|||||||||||

dass S. Majestät dem Botschafter nichts weiter mitzuteilen habe.“ |||||||to share|

Der heutige Leser erkennt vielleicht nicht wie das im 19. Jahrhundert geklungen haben muss.

Ich werde es kurz übersetzen:

Der Französische Botschafter hat mir eine übertriebene Forderung gestellt. ||||||exaggerated||

Daraufhin habe ich ihm gesagt, er solle sich verficken.“ ||||||||f

Gut, ich übertreibe ein bisschen, aber der Effekt war tatsächlich so. Ok, I'm exaggerating, but that was indeed the effect.

Die Deutschen lasen vor allem den ersten Teil und waren der Meinung, der Botschafter hätte The Germans focused on the first part and thought that

den König mit seiner anmaßenden Forderung beleidigt. ||||arrogant|| the ambassador had insulted the king with his demand.

Die Franzosen dagegen lasen vor allem den zweiten Teil und hatten den Eindruck ihr Botschafter The French, however, focused on the second part and thought that

sei vom König unhöflich und grob behandelt worden. their ambassador had been insulted by the king.

Bismarck hatte mit seiner Veröffentlichung erfolgreich einen kleinen diplomatischen Faux-Pas, ||||||||diplomatic|faux pas|pass Bismarck had successfully used the dispatch to turn a minor diplomatic faux-pas,

den man leicht hätte unter den Tisch kehren können, ausgenutzt, um beide Völker gegeneinander |||||||sweep|||||| which could have easily been covered up, to turn both peoples against each other,

aufzuhetzen und in Kriegsstimmung zu bringen. to incite|||war mood|| and make them clamor for war.

Am 19. Juli 1870 beugte Napoleon III sich dann dem Druck der Öffentlichkeit und seines Kabinetts |||||||||||||cabinet On the 19th of July 1870, Napoleon III gave in to cabinet and public pressure,

und erklärte Preußen den Krieg. and declared war on Prussia.

Fast genau sechs Monate später wurde im ehemaligen Französischen Königspalast |||||||||king's palace Almost six months later, in the former palace of the French kings,

die Deutsche Einigung proklamiert |||proclaimed German unity was declared,

und waren 200.000 Menschen tot. and 200,000 people were dead.