Musikalischer Gleichklang
Ob wir glücklich oder traurig sind, ob zwei Herzen im Takt schlagen, oder es Misstöne gibt, ob wir uns beschwingt fühlen oder alles in Moll empfinden: Musik und Gefühle gehören zusammen. Natürlich auch bei Musikern.
„Hey Amadeus“, ruft sie, als er die Bar betritt. – „Mensch, Viola, du auch hier. Uns Musiker zieht's halt doch immer wieder in die Kneipe. Lange nichts von dir gehört. Das ist ja schön. Wie läuft's denn?“ – „Ja, dass mir meine Eltern so einen musikalischen Namen gegeben haben, hat wohl irgendwie geholfen. Ich spiele immer noch Schlagzeug in dieser Band, und da ist soweit alles harmonisch. Wir sind als Team ziemlich im Einklang, auch wenn meine Eltern immer noch meinen, das sei alles Katzenmusik was wir da machen.“ –
„Tja“, sagt Amadeus, „ ich habe zwar auch diesen musikalischen Vornamen, und meine Eltern mögen den Chor, in dem ich singe. Aber dieses Vereinsgetue, wo jeder die erste Geige spielen will, geht mir schon auf die Nerven. Die machen da manchmal ein Gedöns, das kannst du dir nicht vorstellen. Seit ich da Mitglied bin weiß ich, was der Spruch ‚Mein lieber Herr Gesangverein!‘ bedeutet. Dann heißen diese Chöre oft auch noch ‚Harmonie‘, ‚Einklang‘ oder ‚Concordia‘, Gleichklang.“
Hauptsache es groovt
„Ja, ja“, meint Viola „da haben wir es einfacher. Hauptsache, wir bleiben im Rhythmus und der Groove stimmt. Okay, auch bei uns will immer mal wieder jemand den Ton angeben und Dissonanzen kennen wir natürlich auch. Aber wir sind eigentlich ein sehr harmonisches Häuflein; Misstöne gibt es selten. Als Rockband hat man es nicht leicht. Und da ist es natürlich von Vorteil, unisono aufzutreten. Aber erzähl' doch mal 'n paar Takte: Was geht denn bei euch so ab?“
Gott sei es getrommelt und gepfiffen
„Ach“, seufzt Amadeus, „Singen soll ja eigentlich glücklich machen. Das hat die Wissenschaft sogar inzwischen bewiesen. Doch bei uns wirkt das wohl nicht so ganz. Unsere Auftritte sind schön. Und beim letzten Mal gab es sogar donnernden Applaus. Aber unsere Vereinssitzungen sind furchtbar. Der Kassenwart hat von Tuten und Blasen keine Ahnung, der Vorsitzende trompetet ständig, dass das alles so nicht geht, und der Notenwart, ja, so heißt das im deutschen Gesangsvereinsleben, muss ständig zurückgepfiffen werden, wenn er uns mal wieder haufenweise rheinische Trinklieder unterjubeln will.
Dabei ist unser Repertoire schon ziemlich veraltet und es fehlt uns, wie wohl fast jedem Chor, an neuen Mitgliedern. Letzte Woche hat endlich mal einer auf die Pauke gehauen und allen die Meinung gegeigt. Der meinte, wenn wir hier nicht mit Pauken und Trompeten scheitern wollen, müssen wir mal sprichwörtlich neue Töne anschlagen. Draußen treffen sich zehntausende zu Mitsingveranstaltungen und wir hier bereiten unseren Abgesang vor.“ –
Eine andere Tonart anstimmen
„Sicher hängt der Himmel nicht immer voller Geigen“, meint Viola, „aber nur Trübsal blasen und Klagelieder anstimmen bringt doch auch nichts. Schließlich ist Musik doch etwas Erhebendes oder soll zumindest Spaß machen. Hast du schon mal versucht, deinen Verein taktvoll darauf hinzuweisen, dass man so etwas auch in einer anderen Tonart besprechen kann?“ –
„Ja, da hast du natürlich recht. Eigentlich stoßen wir beide da ins selbe Horn, aber was können wir denn machen? Wie können wir denn hier neue Saiten aufziehen? Wenn einer bei uns Vorschläge macht, wie wir neue Leute ansprechen, die bei uns mitsingen, kommt immer dieselbe alte Leier: ‚Haben wir schon versucht!‘ Oder: ‚Das klappt nie!‘ Dieselbe alte Platte, immer und immer wieder.“ – „Ich weiß was“, jubiliert Viola. „Ich trommele meine Band zusammen, und dann kommen wir zu eurer nächsten Probe. Wir begleiten euch einfach beim Singen. Und aus eurem altmodischen Chor wird ein modernes Gesangsensemble. Dann treten wir zusammen auf. Und eure Trübsalbläser werden gar nicht anders können, als Loblieder anzustimmen.“ –
In Harmonie vereint
„Hey, da ist Musik drin! Super Idee!“, meint Amadeus, „aber nichts vorher ausposaunen. Und wenn es allen gefällt, ist sogar egal, wer am Ende den Ton angibt. Barmann! Noch zwei Drinks – und mach Gott verdammt nochmal die Musik lauter! Übrigens Viola … Kennst du den kürzesten Musikerwitz?“ – „Neeee, erzähl!“ – „Hier kommt er: Geht ein Musiker an einer Kneipe vorbei.“ Autor: Matthias Klaus Redaktion: Beatrice Warken