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Mittelstufe Deutsch, Parte (2)

Parte (2)

Eiskunstlauf ist ihre große Leidenschaft. Von Anne auf Schlittschuhen ist nur dieses eine Foto erhalten geblieben. „Für Juden verboten“ 1941 wird die Atmosphäre in den besetzten Niederlanden noch bedrohlicher. Es kommt zu Prügeleien zwischen niederländischen Nazis und Juden. Bei einer Schlägerei im Februar 1941 kommt ein niederländischer Nazi ums Leben. Kurz darauf verhaften die Deutschen während einer Razzia in Amsterdam 421 jüdische Männer. Aus Protest legt ein Teil der Amsterdamer Bevölkerung die Arbeit nieder. Der Streik wird nach zwei Tagen von den Besatzern mit Gewalt niedergeschlagen. 1941 weitet sich der Krieg noch aus. Am 22. Juni 1941 greift Deutschland die Sowjetunion an. Die deutschen Truppen erobern große Teile der Sowjetunion, bis die Offensive im Herbst 1941 buchstäblich im Schlamm stecken bleibt. Nach den Sommerferien 1941 müssen jüdische Kinder in separate Schulen wechseln. Anne und Margot besuchen das eigens gegründete „Joods Lyceum“, ein jüdisches Gymnasium. Die Nazis grenzen die Juden in den Niederlanden immer weiter aus. Im Herbst 1941 sind immer mehr Orte „Für Juden verboten“, zum Beispiel Kinos, Parks und Bibliotheken. Juden dürfen auch nicht in der Öffentlichkeit Sport treiben oder Mitglied in einem Sportverein sein. Zu ihrem großen Kummer darf Anne im Winter 1941/1942 also nicht mehr Schlittschuh laufen. Ihre Eltern haben andere Sorgen. Als Japan, Bündnispartner Deutschlands, am 7. Dezember 1941 in Pearl Harbor (Hawaii) amerikanische Schiffe angreift, bedeutet das auch Krieg zwischen Deutschland und den USA. Ottos und Ediths Bemühungen, in die USA zu emigrieren, sind damit endgültig zum Scheitern verurteilt. « Ein deutscher Soldat bewacht jüdische Männer, die während der ersten Razzia in Amsterdam verhaftet wurden, 22. Februar 1941. Die Männer werden in das Konzentrationslager Mauthausen deportiert. Nur zwei von ihnen überleben. 12/39 „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext

1941 – 1942 Tafel 11 « Dieses Tagebuch bekam Anne zu ihrem dreizehnten Geburtstag. Ein Tagebuch Am 12. Juni 1942 feiert Anne ihren dreizehnten Geburtstag. Sie hat sich vor allem ein Tagebuch gewünscht und durfte es sich vorher selbst aussuchen. Begeistert beginnt sie sofort mit ihren Eintragungen. Ein paar Wochen später bekommt sie ihr Schulzeugnis. Anne ist nicht unzufrieden; sie hat nur ein „ungenügend“, in Algebra. Über Margots Zeugnis schreibt sie: „ausgezeichnet, wie immer“. Für Anne und Margot beginnen die Sommerferien. Ihre Eltern machen sich Sorgen: Es gibt Gerüchte, dass alle Juden in Arbeitslager in Nazi-Deutschland müssen. Insgeheim schmieden die Nazis Pläne, alle Juden in Europa zu vernichten. Bereits im September 1941 vergasen die Nazis im Konzentrationslager Auschwitz die ersten sowjetischen Kriegsgefangenen mit dem Giftgas Zyklon B. Ab Oktober 1941 deportieren die Nazis die ersten Gruppen von Juden aus Deutschland in den Osten und ermorden dort die meisten von ihnen. Am 20. Januar 1942 treffen sich hochrangige Funktionäre des NS-Staates zu einer Konferenz in einer Villa am Wannsee in Berlin. Sie arbeiten Hitlers Plan aus, alle Juden aus ganz Europa systematisch zu ermorden. « Jüdische Kinder sehen sich eine Theatervorstellung in Amsterdam an, 1943. Ab 3. Mai 1942 müssen auch in den Niederlanden alle Juden vom sechsten Lebensjahr an einen gelben Stern mit der Aufschrift „Jude“ an der Kleidung tragen. „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext 13/39

1941 – 1942 Tafel 12 « Margot Frank, Dezember 1941. Der Deportationsbescheid Am Sonntag, dem 5. Juli 1942, überbringt ein Polizist einen Deportationsbescheid für Margot Frank. Sie soll in Nazi-Deutschland Zwangsarbeit leisten. An diesem Tag erhalten Hunderte junger jüdischer Einwohner von Amsterdam einen solchen Bescheid. Otto und Edith Frank trauen der Sache nicht. Sie wollen Margot nicht gehen lassen und beschließen, schon am nächsten Tag unterzutauchen. Margot und Anne müssen ihre Sachen packen. Eines der ersten Dinge, die Anne einpackt, ist natürlich ihr Tagebuch. Sie hat keine Ahnung, wo das Versteck der Familie sein wird … Heimlich haben Otto und Edith einen Unterschlupf im leer stehenden Teil – dem Hinterhaus – von Ottos Firmengebäude eingerichtet. Auch für die Familie van Pels. Bereits im Frühjahr 1942 hat Otto seine Büroangestellten gefragt, ob sie ihm helfen wollen, wenn er mit seiner Familie untertauchen muss. Miep Gies, Johannes Kleiman, Victor Kugler und Bep Voskuijl haben sofort zugesagt, obwohl sie wissen, dass Hilfe für Juden schwer bestraft wird. Zusammen mit Johannes Kleiman und dessen Bruder Willy hat Otto unbemerkt Lebensmittel, Möbel und andere notwendige Dinge wie Bettzeug ins Versteck geschafft. Auch Johan Voskuijl, Beps Vater, der im Lager der Firma arbeitet, wird eingeweiht. Die anderen Lagerarbeiter wissen nichts vom Versteck. « Verhaftete Juden warten in Amsterdam auf den Zug zum Durchgangslager Westerbork (im Nordosten der Niederlande), 1943. Viele jüdische Männer und Frauen glauben, dass sie tatsächlich in Arbeitslager kommen und denken, dass sie das überleben werden. 14/39 „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext

1942 – 1944 Tafel 13 « Ein schwenkbarer Schrank tarnt den Zugang zum Hinterhaus. Das Versteck Am 6. Juli 1942 taucht die Familie Frank im Hinterhaus des Firmengebäudes von Otto Frank unter. Eine Woche später kommen Hermann van Pels, seine Frau Auguste und ihr Sohn Peter hinzu. Im November beschließen sie, dass noch Platz für einen achten jüdischen Verfolgten ist: Fritz Pfeffer, ein Bekannter der Familie Frank. Er berichtet, dass viele Freunde und Bekannte der Familie Frank bei Razzien festgenommen wurden. „Es ist traurig, was er alles gewusst hat“, notiert Anne ins Tagebuch. Sie hat Schuldgefühle, weil sie in einem geheimen Versteck in Sicherheit ist, während ihre Freundinnen „den Händen der brutalsten Henker ausgeliefert sind, die es jemals gegeben hat“. Hunderte Juden, die einen Deportationsbescheid erhalten haben, erscheinen nicht an der Sammelstelle für den Abtransport. Daraufhin veranstalten die Besatzer Razzien: Straßen oder ganze Wohnviertel werden abgeriegelt und systematisch durchgekämmt. Jüdische Bewohner müssen mitkommen. Meist assistieren niederländische Polizisten bei diesen Razzien. Außerdem ist eine Gruppe von etwa fünfzig „Menschenjägern“ unterwegs, die berüchtigte „Kolonne Henneicke“, um versteckte Juden aufzuspüren. Von März bis September 1943 verhaften sie zwischen 8.000 und 9.000 untergetauchte Juden. In vielen Fällen erhalten sie dafür eine Belohnung, das sogenannte „Kopfgeld“. « Eine Razzia in Amsterdam im Mai 1943. Während dieser Razzia verhaften die Nazis und ihre Handlanger 3.000 Juden. Das Foto wurde heimlich von H.J. Wijnne aufgenommen. „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext 15/39

DAS VERSTECK Die Firmenräume 1 Lager 2 Firmenküche 3 Tür zum Privatbüro von Otto Frank 4 Büro von Victor Kugler 5 Büro von Johannes Kleiman, Miep Gies und Bep Voskuijl 6 Lagerräume 7 Dachboden 8 Flur mit dem schwenkbaren Bücherschrank vor dem Zugang zum Hinterhaus Das Hinterhaus 9 Waschraum 10 Zimmer von Otto, Edith und Margot Frank 11 Zimmer von Anne Frank und Fritz Pfeffer 12 Gemeinsames Wohn-/Esszimmer, nachts Schlaf- zimmer von Hermann und Auguste van Pels 13 Zimmer von Peter van Pels 14 Dachboden 15 Spitzboden 16/39 „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext

DIE UNTERGETAUCHTEN Otto über die Helfer: „Ich erkannte schon bald, dass der Zeitpunkt kommen würde, an dem wir uns verstecken müssten, um der Gefahr der Deportation zu entgehen. Nachdem ich das mit Herrn van Pels eingehend besprochen hatte, entschlossen wir uns dazu, uns im Hinterhaus unserer Firma zu verstecken. Das würde nur möglich sein, wenn Herr Kleiman und Herr Kugler die volle Verantwortung übernehmen würden für alles, was mit unserem Untertauchen zusammenhing, und wenn auch die beiden Sekretärinnen mitwirken würden. Das waren Miep Gies und Bep Voskuijl. Alle vier sagten sofort zu, obwohl sie sich vollauf bewusst waren, was für eine gefährliche Aufgabe sie übernahmen. Unter den Nazi- Gesetzen wurde jeder, der Juden half, streng bestraft und riskierte Gefängnis, Deportation oder sogar Hinrichtung.“ Otto Frank in einem Brief an Yad Vashem, 10. Juni 1971. Mit diesem Brief bittet er für fünf Helfer – Jan und Miep Gies, Johannes Kleiman (posthum), Victor Kugler und Bep Voskuijl – um die Ehrung als „Gerechter unter den Völkern“. Die hohe israelische Auszeichnung wird ihnen 1973 verliehen. Otto Frank (1889 – 1980) Edith Frank (1900 – 1945) Margot Frank (1926 – 1945) Anne Frank (1929 – 1945) Anne über die Helfer: „Jeden Tag kommen sie herauf, sprechen mit den Herren über Geschäft und Politik, mit den Damen über Essen und die Beschwerden der Kriegszeit, mit den Kindern über Bücher und Zeitungen. Sie machen, soweit es geht, ein fröhliches Gesicht, bringen Blumen und Geschenke zu Geburts- und Festtagen, stehen immer und überall für uns bereit." Anne Frank, Tagebuch, 28. Januar 1944 Hermann van Pels (1898 – 1944) Auguste van Pels (1900 – 1945) Peter van Pels (1926 – 1945) Fritz Pfeffer (1889 – 1944) „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext 17/39

ich zu Jan gesagt: ‚Also ich sehe es so. Wir müssen nach vorn schauen. So schwer es auch ist. Wir können nicht einfach stehen bleiben, wer auf der Stelle tritt, gibt auf.‘ Man ist ja ein Mensch. Und ein Mensch muss doch etwas haben, an dem er sich festhalten kann. Deshalb habe ich auch noch gesagt: ‚In der dunklen Zeit, im Krieg, haben wir nicht weggeschaut, sondern nach Kräften geholfen. Unter Einsatz unseres Lebens. Mehr konnten wir nicht tun.‘“ Johannes Kleiman (1896 – 1959) Otto Frank kannte Johannes Kleiman schon sehr lange. Als er 1923 in Amsterdam eine Bank gründete, war er mit ihm in Kontakt gekommen. Es war der Beginn einer langen, intensiven Zusammenarbeit und Freundschaft. 1940 wurde Johannes Kleiman Mitarbeiter von Otto Frank. Über seine Hilfe für die Untergetauchten sagte er nach dem Krieg in einem Interview: „An der Versorgung von Otto Frank und seiner Familie in der Zeit, als er untertauchen musste, habe ich mich beteiligt, weil ich ihn als einen seriösen Geschäftsmann und einen hochanständigen und sehr hilfsbereiten Menschen kennengelernt hatte, der wegen dieser Eigenschaften allgemein geachtet ist." Bep Voskuijl (1919 – 1983) Bep Voskuijl arbeitete schon vor dem Krieg in Otto Franks Firma. Sie war die jüngste Mitarbeiterin. Als die Familie Frank das Versteck im Hinterhaus bezog, war sie gerade 23 Jahre alt. Anne und Bep, so erzählte Otto Frank später, verstanden sich gut und tuschelten oft miteinander. Nach dem Krieg sollte Bep oft Fragen über Anne und das Hinterhaus beantworten. Dann musste sie, wie sie in einem Brief an Otto Frank schrieb, „immer an all das denken, was geschehen war“ und was sie als Zeugin miterlebt hatte. „Dieser große Kummer bleibt in meinem Herzen.“ DIE HELFER Victor Kugler (1900 – 1981) Miep Gies (1909 – 2010) Jan Gies (1905 – 1993) Victor Kugler arbeitete ab 1933 für Otto Franks Firma. Erst war er für den Verkauf von Pektin Miep Gies arbeitete ab 1933 in Otto Franks zuständig und ab 1940 vor allem für den Verkauf von Firma. Auch ihr Mann Jan war seit 1941 für Otto Gewürzen. Victor brachte den Menschen im Versteck Frank tätig. Nach dem Krieg sagte Miep in einem oft Zeitschriften und Zeitungen mit, damit sie etwas Interview über ihre Hilfe für die Untergetauchten zu lesen hatten. Anne freute sich jede Woche riesig im Hinterhaus: über die Zeitschrift Cinema & Theater. Nach dem „Ich frage mich oft, wie es geschehen konnte und Krieg formulierte er kurz und prägnant, warum er warum. Es hat mir sehr zu schaffen gemacht. Als wir den Untergetauchten geholfen hatte: einmal zusammensaßen und darüber sprachen, habe „Ich musste ihnen helfen: Sie waren meine Freunde.“ 18/39 „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext

1942 – 1944 Tafel 14 « Das Zimmer von Hermann und Auguste van Pels, zugleich Wohnzimmer und Küche für alle (vorübergehend eingerichtet, 1998). „Spannung und Verzweiflung“ Die Untergetauchten versuchen, die langen Tage im Versteck so gut es geht durchzustehen. Sie lesen und lernen viel, und täglich muss für acht Leute gekocht werden. Spannungen und Streitereien bleiben natürlich nicht aus. Es gibt auch fröhliche Momente, Geburtstage und Festtage werden gefeiert. Doch die Angst vor der Entdeckung ist immer gegenwärtig. Anne schreibt darüber am 26. Mai 1944 ins Tagebuch: „An einem Tag lachen wir über das Komische an unserer Untertauchsituation, aber am nächsten Tag, an viel mehr Tagen, haben wir Angst, und man kann die Spannung und die Verzweiflung auf unseren Gesichtern lesen.“ Ein Lichtblick für die Menschen im Hinterhaus ist der niederländische Widerstand gegen die Nazis und ihre Handlanger. Anne findet, dass die Untergetauchten diesen „Heldenmut nie vergessen dürfen“ – sowohl den Mut der Helfer als auch den Mut der Menschen, die aktiv gegen die Nazis kämpfen. Doch die übergroße Mehrheit der niederländischen Bevölkerung bleibt Zuschauer, kollaboriert nicht aktiv, schließt sich aber auch nicht dem Widerstand an. Über die Kollaboration schreibt Anne: „Zum Glück steht nur ein kleiner Prozentsatz der Niederländer auf der falschen Seite.“ Tatsächlich kämpfen mehr als 25.000 Niederländer auf deutscher Seite, und die NSB, die niederländische Nazipartei, hat auf ihrem Höhepunkt ungefähr 100.000 Mitglieder. « Im März 1943 verübt eine Widerstandsgruppe einen Anschlag auf das Einwohnermeldeamt von Amsterdam, um es den Nazis zu erschweren, Juden und Widerstandskämpfer aufzuspüren. Nur ein kleiner Teil der Datenbestände wird zerstört. Anne erwähnt diesen Anschlag im Tagebuch. „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext 19/39

1942 – 1944 Tafel 15 « Der kleine Tisch im Zimmer von Anne und Fritz Pfeffer (vorübergehend eingerichtet, 1998). „Freunde im Anzug“ Selbstverständlich verfolgen die acht Menschen im Hinterhaus gespannt die Nachrichten über den Kriegsverlauf. Niederlagen der deutschen Wehrmacht geben ihnen Hoffnung. Ab 1943 gelingt es der Armee der Sowjetunion, die deutschen Truppen zurückzudrängen.


Parte (2) Party (2) パーティー (2) Festa (2) Партия (2) Сторона (2)

Eiskunstlauf ist ihre große Leidenschaft. Von Anne auf Schlittschuhen ist nur dieses eine Foto erhalten geblieben. „Für Juden verboten“ 1941 wird die Atmosphäre in den besetzten Niederlanden noch bedrohlicher. Es kommt zu Prügeleien zwischen niederländischen Nazis und Juden. Bei einer Schlägerei im Februar 1941 kommt ein niederländischer Nazi ums Leben. Kurz darauf verhaften die Deutschen während einer Razzia in Amsterdam 421 jüdische Männer. Aus Protest legt ein Teil der Amsterdamer Bevölkerung die Arbeit nieder. Der Streik wird nach zwei Tagen von den Besatzern mit Gewalt niedergeschlagen. 1941 weitet sich der Krieg noch aus. Am 22. Juni 1941 greift Deutschland die Sowjetunion an. Die deutschen Truppen erobern große Teile der Sowjetunion, bis die Offensive im Herbst 1941 buchstäblich im Schlamm stecken bleibt. Nach den Sommerferien 1941 müssen jüdische Kinder in separate Schulen wechseln. Anne und Margot besuchen das eigens gegründete „Joods Lyceum“, ein jüdisches Gymnasium. Die Nazis grenzen die Juden in den Niederlanden immer weiter aus. Im Herbst 1941 sind immer mehr Orte „Für Juden verboten“, zum Beispiel Kinos, Parks und Bibliotheken. Juden dürfen auch nicht in der Öffentlichkeit Sport treiben oder Mitglied in einem Sportverein sein. Zu ihrem großen Kummer darf Anne im Winter 1941/1942 also nicht mehr Schlittschuh laufen. Ihre Eltern haben andere Sorgen. Als Japan, Bündnispartner Deutschlands, am 7. Dezember 1941 in Pearl Harbor (Hawaii) amerikanische Schiffe angreift, bedeutet das auch Krieg zwischen Deutschland und den USA. Ottos und Ediths Bemühungen, in die USA zu emigrieren, sind damit endgültig zum Scheitern verurteilt. « Ein deutscher Soldat bewacht jüdische Männer, die während der ersten Razzia in Amsterdam verhaftet wurden, 22. Februar 1941. Die Männer werden in das Konzentrationslager Mauthausen deportiert. Nur zwei von ihnen überleben. 12/39 „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext

1941 – 1942 Tafel 11 « Dieses Tagebuch bekam Anne zu ihrem dreizehnten Geburtstag. Ein Tagebuch Am 12. Juni 1942 feiert Anne ihren dreizehnten Geburtstag. Sie hat sich vor allem ein Tagebuch gewünscht und durfte es sich vorher selbst aussuchen. Begeistert beginnt sie sofort mit ihren Eintragungen. Ein paar Wochen später bekommt sie ihr Schulzeugnis. Anne ist nicht unzufrieden; sie hat nur ein „ungenügend“, in Algebra. Über Margots Zeugnis schreibt sie: „ausgezeichnet, wie immer“. Für Anne und Margot beginnen die Sommerferien. Ihre Eltern machen sich Sorgen: Es gibt Gerüchte, dass alle Juden in Arbeitslager in Nazi-Deutschland müssen. Insgeheim schmieden die Nazis Pläne, alle Juden in Europa zu vernichten. Bereits im September 1941 vergasen die Nazis im Konzentrationslager Auschwitz die ersten sowjetischen Kriegsgefangenen mit dem Giftgas Zyklon B. Ab Oktober 1941 deportieren die Nazis die ersten Gruppen von Juden aus Deutschland in den Osten und ermorden dort die meisten von ihnen. Am 20. Januar 1942 treffen sich hochrangige Funktionäre des NS-Staates zu einer Konferenz in einer Villa am Wannsee in Berlin. Sie arbeiten Hitlers Plan aus, alle Juden aus ganz Europa systematisch zu ermorden. « Jüdische Kinder sehen sich eine Theatervorstellung in Amsterdam an, 1943. Ab 3. Mai 1942 müssen auch in den Niederlanden alle Juden vom sechsten Lebensjahr an einen gelben Stern mit der Aufschrift „Jude“ an der Kleidung tragen. „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext 13/39

1941 – 1942 Tafel 12 « Margot Frank, Dezember 1941. Der Deportationsbescheid Am Sonntag, dem 5. Juli 1942, überbringt ein Polizist einen Deportationsbescheid für Margot Frank. Sie soll in Nazi-Deutschland Zwangsarbeit leisten. An diesem Tag erhalten Hunderte junger jüdischer Einwohner von Amsterdam einen solchen Bescheid. Otto und Edith Frank trauen der Sache nicht. Sie wollen Margot nicht gehen lassen und beschließen, schon am nächsten Tag unterzutauchen. Margot und Anne müssen ihre Sachen packen. Eines der ersten Dinge, die Anne einpackt, ist natürlich ihr Tagebuch. Sie hat keine Ahnung, wo das Versteck der Familie sein wird … Heimlich haben Otto und Edith einen Unterschlupf im leer stehenden Teil – dem Hinterhaus – von Ottos Firmengebäude eingerichtet. Auch für die Familie van Pels. Bereits im Frühjahr 1942 hat Otto seine Büroangestellten gefragt, ob sie ihm helfen wollen, wenn er mit seiner Familie untertauchen muss. Miep Gies, Johannes Kleiman, Victor Kugler und Bep Voskuijl haben sofort zugesagt, obwohl sie wissen, dass Hilfe für Juden schwer bestraft wird. Zusammen mit Johannes Kleiman und dessen Bruder Willy hat Otto unbemerkt Lebensmittel, Möbel und andere notwendige Dinge wie Bettzeug ins Versteck geschafft. Auch Johan Voskuijl, Beps Vater, der im Lager der Firma arbeitet, wird eingeweiht. Die anderen Lagerarbeiter wissen nichts vom Versteck. « Verhaftete Juden warten in Amsterdam auf den Zug zum Durchgangslager Westerbork (im Nordosten der Niederlande), 1943\\. Viele jüdische Männer und Frauen glauben, dass sie tatsächlich in Arbeitslager kommen und denken, dass sie das überleben werden. 14/39 „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext

1942 – 1944 Tafel 13 « Ein schwenkbarer Schrank tarnt den Zugang zum Hinterhaus. Das Versteck Am 6. Juli 1942 taucht die Familie Frank im Hinterhaus des Firmengebäudes von Otto Frank unter. Eine Woche später kommen Hermann van Pels, seine Frau Auguste und ihr Sohn Peter hinzu. Im November beschließen sie, dass noch Platz für einen achten jüdischen Verfolgten ist: Fritz Pfeffer, ein Bekannter der Familie Frank. Er berichtet, dass viele Freunde und Bekannte der Familie Frank bei Razzien festgenommen wurden. „Es ist traurig, was er alles gewusst hat“, notiert Anne ins Tagebuch. Sie hat Schuldgefühle, weil sie in einem geheimen Versteck in Sicherheit ist, während ihre Freundinnen „den Händen der brutalsten Henker ausgeliefert sind, die es jemals gegeben hat“. Hunderte Juden, die einen Deportationsbescheid erhalten haben, erscheinen nicht an der Sammelstelle für den Abtransport. Daraufhin veranstalten die Besatzer Razzien: Straßen oder ganze Wohnviertel werden abgeriegelt und systematisch durchgekämmt. Jüdische Bewohner müssen mitkommen. Meist assistieren niederländische Polizisten bei diesen Razzien. Außerdem ist eine Gruppe von etwa fünfzig „Menschenjägern“ unterwegs, die berüchtigte „Kolonne Henneicke“, um versteckte Juden aufzuspüren. Von März bis September 1943 verhaften sie zwischen 8.000 und 9.000 untergetauchte Juden. In vielen Fällen erhalten sie dafür eine Belohnung, das sogenannte „Kopfgeld“. « Eine Razzia in Amsterdam im Mai 1943. Während dieser Razzia verhaften die Nazis und ihre Handlanger 3.000 Juden. Das Foto wurde heimlich von H.J. Wijnne aufgenommen. „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext 15/39

DAS VERSTECK Die Firmenräume 1 Lager 2 Firmenküche 3 Tür zum Privatbüro von Otto Frank 4 Büro von Victor Kugler 5 Büro von Johannes Kleiman, Miep Gies und Bep Voskuijl 6 Lagerräume 7 Dachboden 8 Flur mit dem schwenkbaren Bücherschrank vor dem Zugang zum Hinterhaus Das Hinterhaus 9 Waschraum 10 Zimmer von Otto, Edith und Margot Frank 11 Zimmer von Anne Frank und Fritz Pfeffer 12 Gemeinsames Wohn-/Esszimmer, nachts Schlaf- zimmer von Hermann und Auguste van Pels 13 Zimmer von Peter van Pels 14 Dachboden 15 Spitzboden 16/39 „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext

DIE UNTERGETAUCHTEN Otto über die Helfer: „Ich erkannte schon bald, dass der Zeitpunkt kommen würde, an dem wir uns verstecken müssten, um der Gefahr der Deportation zu entgehen. Nachdem ich das mit Herrn van Pels eingehend besprochen hatte, entschlossen wir uns dazu, uns im Hinterhaus unserer Firma zu verstecken. Das würde nur möglich sein, wenn Herr Kleiman und Herr Kugler die volle Verantwortung übernehmen würden für alles, was mit unserem Untertauchen zusammenhing, und wenn auch die beiden Sekretärinnen mitwirken würden. Das waren Miep Gies und Bep Voskuijl. Alle vier sagten sofort zu, obwohl sie sich vollauf bewusst waren, was für eine gefährliche Aufgabe sie übernahmen. Unter den Nazi- Gesetzen wurde jeder, der Juden half, streng bestraft und riskierte Gefängnis, Deportation oder sogar Hinrichtung.“ Otto Frank in einem Brief an Yad Vashem, 10. Juni 1971\\. Mit diesem Brief bittet er für fünf Helfer – Jan und Miep Gies, Johannes Kleiman (posthum), Victor Kugler und Bep Voskuijl – um die Ehrung als „Gerechter unter den Völkern“. Die hohe israelische Auszeichnung wird ihnen 1973 verliehen. Otto Frank (1889 – 1980) Edith Frank (1900 – 1945) Margot Frank (1926 – 1945) Anne Frank (1929 – 1945) Anne über die Helfer: „Jeden Tag kommen sie herauf, sprechen mit den Herren über Geschäft und Politik, mit den Damen über Essen und die Beschwerden der Kriegszeit, mit den Kindern über Bücher und Zeitungen. Sie machen, soweit es geht, ein fröhliches Gesicht, bringen Blumen und Geschenke zu Geburts- und Festtagen, stehen immer und überall für uns bereit." Anne Frank, Tagebuch, 28. Januar 1944 Hermann van Pels (1898 – 1944) Auguste van Pels (1900 – 1945) Peter van Pels (1926 – 1945) Fritz Pfeffer (1889 – 1944) „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext 17/39

ich zu Jan gesagt: ‚Also ich sehe es so. Wir müssen nach vorn schauen. So schwer es auch ist. Wir können nicht einfach stehen bleiben, wer auf der Stelle tritt, gibt auf.‘ Man ist ja ein Mensch. Und ein Mensch muss doch etwas haben, an dem er sich festhalten kann. Deshalb habe ich auch noch gesagt: ‚In der dunklen Zeit, im Krieg, haben wir nicht weggeschaut, sondern nach Kräften geholfen. Unter Einsatz unseres Lebens. Mehr konnten wir nicht tun.‘“ Johannes Kleiman (1896 – 1959) Otto Frank kannte Johannes Kleiman schon sehr lange. Als er 1923 in Amsterdam eine Bank gründete, war er mit ihm in Kontakt gekommen. Es war der Beginn einer langen, intensiven Zusammenarbeit und Freundschaft. 1940 wurde Johannes Kleiman Mitarbeiter von Otto Frank. Über seine Hilfe für die Untergetauchten sagte er nach dem Krieg in einem Interview: „An der Versorgung von Otto Frank und seiner Familie in der Zeit, als er untertauchen musste, habe ich mich beteiligt, weil ich ihn als einen seriösen Geschäftsmann und einen hochanständigen und sehr hilfsbereiten Menschen kennengelernt hatte, der wegen dieser Eigenschaften allgemein geachtet ist." Bep Voskuijl (1919 – 1983) Bep Voskuijl arbeitete schon vor dem Krieg in Otto Franks Firma. Sie war die jüngste Mitarbeiterin. Als die Familie Frank das Versteck im Hinterhaus bezog, war sie gerade 23 Jahre alt. Anne und Bep, so erzählte Otto Frank später, verstanden sich gut und tuschelten oft miteinander. Nach dem Krieg sollte Bep oft Fragen über Anne und das Hinterhaus beantworten. Dann musste sie, wie sie in einem Brief an Otto Frank schrieb, „immer an all das denken, was geschehen war“ und was sie als Zeugin miterlebt hatte. „Dieser große Kummer bleibt in meinem Herzen.“ DIE HELFER Victor Kugler (1900 – 1981) Miep Gies (1909 – 2010) Jan Gies (1905 – 1993) Victor Kugler arbeitete ab 1933 für Otto Franks Firma. Erst war er für den Verkauf von Pektin Miep Gies arbeitete ab 1933 in Otto Franks zuständig und ab 1940 vor allem für den Verkauf von Firma. Auch ihr Mann Jan war seit 1941 für Otto Gewürzen. Victor brachte den Menschen im Versteck Frank tätig. Nach dem Krieg sagte Miep in einem oft Zeitschriften und Zeitungen mit, damit sie etwas Interview über ihre Hilfe für die Untergetauchten zu lesen hatten. Anne freute sich jede Woche riesig im Hinterhaus: über die Zeitschrift Cinema & Theater. Nach dem „Ich frage mich oft, wie es geschehen konnte und Krieg formulierte er kurz und prägnant, warum er warum. Es hat mir sehr zu schaffen gemacht. Als wir den Untergetauchten geholfen hatte: einmal zusammensaßen und darüber sprachen, habe „Ich musste ihnen helfen: Sie waren meine Freunde.“ 18/39 „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext

1942 – 1944 Tafel 14 « Das Zimmer von Hermann und Auguste van Pels, zugleich Wohnzimmer und Küche für alle (vorübergehend eingerichtet, 1998). „Spannung und Verzweiflung“ Die Untergetauchten versuchen, die langen Tage im Versteck so gut es geht durchzustehen. Sie lesen und lernen viel, und täglich muss für acht Leute gekocht werden. Spannungen und Streitereien bleiben natürlich nicht aus. Es gibt auch fröhliche Momente, Geburtstage und Festtage werden gefeiert. Doch die Angst vor der Entdeckung ist immer gegenwärtig. Anne schreibt darüber am 26. Mai 1944 ins Tagebuch: „An einem Tag lachen wir über das Komische an unserer Untertauchsituation, aber am nächsten Tag, an viel mehr Tagen, haben wir Angst, und man kann die Spannung und die Verzweiflung auf unseren Gesichtern lesen.“ Ein Lichtblick für die Menschen im Hinterhaus ist der niederländische Widerstand gegen die Nazis und ihre Handlanger. Anne findet, dass die Untergetauchten diesen „Heldenmut nie vergessen dürfen“ – sowohl den Mut der Helfer als auch den Mut der Menschen, die aktiv gegen die Nazis kämpfen. Doch die übergroße Mehrheit der niederländischen Bevölkerung bleibt Zuschauer, kollaboriert nicht aktiv, schließt sich aber auch nicht dem Widerstand an. Über die Kollaboration schreibt Anne: „Zum Glück steht nur ein kleiner Prozentsatz der Niederländer auf der falschen Seite.“ Tatsächlich kämpfen mehr als 25.000 Niederländer auf deutscher Seite, und die NSB, die niederländische Nazipartei, hat auf ihrem Höhepunkt ungefähr 100.000 Mitglieder. « Im März 1943 verübt eine Widerstandsgruppe einen Anschlag auf das Einwohnermeldeamt von Amsterdam, um es den Nazis zu erschweren, Juden und Widerstandskämpfer aufzuspüren. Nur ein kleiner Teil der Datenbestände wird zerstört. Anne erwähnt diesen Anschlag im Tagebuch. „LASST MICH ICH SELBST SEIN“ Ausstellungstext 19/39

1942 – 1944 Tafel 15 « Der kleine Tisch im Zimmer von Anne und Fritz Pfeffer (vorübergehend eingerichtet, 1998). „Freunde im Anzug“ Selbstverständlich verfolgen die acht Menschen im Hinterhaus gespannt die Nachrichten über den Kriegsverlauf. Niederlagen der deutschen Wehrmacht geben ihnen Hoffnung. Ab 1943 gelingt es der Armee der Sowjetunion, die deutschen Truppen zurückzudrängen.