Antifuchs über ihre Maske, Frauen im Rap und Klischeebruch
Ich nehme mir das Weibliche, wo es mir gefällt.
Genauso wie ich mir das Männliche nehme, wo es mir gefällt.
Ich habe Bock ein Hoody anzuziehen mit einem kurzen Ruck,
Alter, dann mache ich das so.
Ich denke, keine Frau sollte sich da eine Grenze setzen.
*Intro*
Mein Name ist Antifuchs, ich bin Rapper,
ich bin geboren in Kasachstan, aufgewachsen in Flensburg
und bin jetzt zugezogen in Berlin.
Wir sind damals, als wir nach Deutschland gekommen sind,
wir sind als Spätaussiedler mit meinen Eltern hierhergekommen.
Spätaussiedler bedeutet, dass ich ganz, ganz früher
deutsche Vorfahren hatte,
die aus Deutschland nach Russland gekommen sind.
Wir waren ja damals dann nicht in Russland mehr,
die Verwandten hat es nach Kasachstan gebracht,
würde ich sagen.
Wir sind dann aus Kasachstan nach Deutschland eingewandert,
aber früher war das ja alles die Sowjetunion.
Dann ist sie aufgebrochen und dann durfte man sozusagen
zu seinen Wurzeln zurückkehren.
Dann durften wir 90/91 wieder zurückkommen, die die Bock hatten.
Meine Mutter erzählt es hin und wieder, wie das war,
für sie als Kind vor allem,
man wurde durch die deutschen Vorfahren abgestempelt.
Das war sehr schwierig für meine Mutter, auch mit der Identität,
Dadurch, dass du dich nie wirklich zugehörig gefühlt hast
in Kasachstan, weder als Russe, noch als Kasache,
noch als Deutscher irgendwo richtig Anschluss hattest
und wirklich diskriminiert wurdest.
91, als wir dann hierhergekommen sind und alle dachten,
okay, wir kommen jetzt hierher, wo wir eigentlich alle hingehören,
war man auf einmal der Russe für alle.
Es ist eigentlich voll witzig,
wie man auf beiden Seiten irgendwie so gar nicht dazugehört,
aber dennoch ein Teil davon ist.
Mein Cousin hatte eine Russen-Disko,
das war ein Punkt, wo sich alle getroffen haben,
die halt gleichsprachig waren, dieselbe Mentalität haben.
Ich glaube, dieses Phänomen, dass du dich dann zusammenfindest
und gemeinsam deine Wurzeln rausgekitzelt werden,
ich glaube, dagegen kann sich fast keiner so verstecken.
Rap kam für mich eigentlich sehr früh in mein Leben dazu.
Als kleine 10,11-Jährige habe ich Eminem gehört.
Da war ich als kleines Mädchen schon sehr schizophren unterwegs.
Ich hatte die eine Seite meines Zimmers
mit Britney Spears Postern voll und die andere Seite mit Eminem Postern.
Ich konnte mich nie so richtig entscheiden,
ob ich so die Girlie-Seite mehr mag oder die böse Bad-Boy-Seite.
Ich habe damals auch viel Hip-Hop getanzt
und wir wurden auf einem Auftritt von Cheerleader angequatscht,
ob wir nicht Bock hätten, ins Training zu kommen.
Nachdem man dort auch einmal drin war,
wurde man auch sofort infiziert.
Wir hatten immer sehr viel mit Klischees zu kämpfen.
Wir sind eigentlich gar nicht so Girlie.
Ich habe schon immer geliebt, Klischees zu brechen.
Sei es mit der Identität, dass sich so gar nicht typisch russisch bin,
obwohl ich typisch russisch bin.
Oder, dass ich Cheerleader sein kann
und dennoch voll harten Rap machen kann.
Ich bezeichne mich selbst als Rapper,
weil ich gar nicht mag, wenn man diesen Unterschied macht.
Dadurch stellt man irgendwie diesen Unterschied heraus.
Aber ich finde, zu wirklicher Gleichberechtigung
gehört auch die gleiche Bezeichnung.
Dem Mike ist egal, ob ich jetzt einen Schwanz oder Titten habe.
Solange ich Dope reinsplitte ist dem Mike das egal.
Deswegen kann ich mich auch selbstbewusst als Rapper darstellen.
Ich mache nichts anderes als meine männlichen Kollegen.
Als Frau musste ich mich irgendwie doch mehr durchsetzen.
Ich hatte sehr viele rappende Homies und irgendwann dachte ich mir,
das kann ich doch viel besser als ihr.
Habe dann versucht, mir meine Mikezeit,
meine Studiozeit zu erkämpfen und bist du die überredet hast,
die gepeilt haben, wie Dope du eigentlich bist,
braucht es eben viele Hartnäckigkeit.
Ich habe mir auch später die Maske im Battle angezogen,
um mir eben einen großen weiblichen Aspekt zu nehmen.
Ich kannte das noch, da machst du irgendwas visuelles,
da wird dann erst einmal darüber diskutiert,
was trägt sie für ein Make-up, wie sieht sie überhaupt aus?
Es geht um meine Musik am Ende des Tages.
Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2019)