Sendung: tagesschau 13.01.2021 - Gesundheitsminister Spahn lehnt Impfpflicht
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der tagesschau.
Heute im Studio: Susanne Holst
Guten Tag, willkommen zur tagesschau.
Kein Land könne das Coronavirus allein besiegen.
So konterte Gesundheitsminister Spahn
Kritik am europäischen Weg bei der Beschaffung der Impfstoffe.
In einer Regierungserklärung
räumte er Probleme beim Start der Impfkampagne ein.
Dass es an Serum mangele, liege nicht an Verträgen,
es werde noch zu wenig produziert.
Aber mit dem Impfen habe der Weg aus der Pandemie begonnen.
Am Abend vor der Regierungserklärung
sprach der Gesundheitsminister mit der Kanzlerin.
Spahn im Bundestag heute – ganz im Stile Merkels.
Er gibt sich staatsmännisch.
Macht Hoffnung für die Zeit ab Sommer.
Es wird genug Impfstoff für alle in Deutschland geben.
Wir können - Stand heute -
voraussichtlich im Sommer allen ein Impfangebot machen.
Das haben wird sichergestellt
über die europäischen Bestellungen bei mehreren Herstellern.
Wie soll das konkret gehen?
Erklären Sie das mal vernünftig.
Auch deswegen bestand meine Fraktion auf Ihre Regierungserklärung.
Aber Sie nennen nur Lieferungen,
die im Laufe des Jahres kommen sollen.
Was wurde konkret vereinbart im zweiten Quartal?
Sein Impfangebot für alle ab Sommer bringt Spahn Kritik
von der Opposition und vom Koalitionspartner SPD ein.
Ich vermute, das ist nur möglich,
wenn der Impfstoff von AstraZeneca zugelassen wird.
Was Sie jetzt zusätzlich bestellt haben,
wird wohl erst im Herbst zur Verfügung stehen.
Während andere Länder bereits geimpft sind.
Dass noch nicht viele Menschen in Deutschland geimpft sind,
erklärt Spahn mit Absprachen innerhalb der EU.
Die FDP lässt ihm das nicht durchgehen.
Wer auf Brüssel zeigt, muss auch beantworten:
Warum nahm die deutsche Ratspräsidentschaft
nicht Einfluss?
Im Sommer werden sie ihn wohl an seine Rede heute erinnern.
Dann wird sich zeigen, ob es ein Impfangebot an alle gibt.
Das RKI veröffentlichte neue Zahlen
zum Stand der Corona-Impfungen in Deutschland.
Seit dem Start der Kampagne erhielten 758.093 Menschen das Serum.
Das entspricht einer Quote von 0,91 Prozent der Bevölkerung.
Die Impffortschritte variieren je nach Bundesland.
In Thüringen sind die Infektionszahlen besonders hoch.
Dort wurden nun Impfzentren geöffnet.
Impfwillige stehen bereit:
Wie in Weimar gehen in Thüringen ab heute 14 Impfzentren in Betrieb.
Pro Tag und Zentrum werden etwa 70 Menschen geimpft.
In den kommenden Wochen sollen es mehr werden.
Bundesweit gibt es die höchste Impfquote in Mecklenburg-Vorpommern:
Der Impfstoff ist knapp, die Termine in den Impfzentren rar.
Online schnell vergeben, telefonisch kommt man schwer durch.
Wer wo einen Impftermin bekommt, koordiniert in einigen Bundesländern
die Kassenärztliche Vereinigung.
Sie hofft auf eine schnelle dezentrale Strategie.
Sobald genügend Impfstoff da ist und die Qualität stimmt,
dass das in die Praxen verlagert werden kann.
Bis es soweit ist,
muss auch mit wenig Impfstoff die Zahl der Neuinfektionen sinken.
Thüringen hat gerade mit 324 die höchste Inzidenz.
Ministerpräsident Ramelow geht von einem längeren Lockdown aus.
Ich rechne damit,
dass wir noch zwölf Wochen in der harten Auseinandersetzung sind.
Mein Appell: Abstand halten, Abstand halten, Abstand halten!
Sich selbst schützen, um auch andere zu schützen.
Es geht darum, medizinischem Personal Schutz zu geben.
Hoffnung macht nun auch der Moderna-Impfstoff.
Erste Lieferungen sind auch in Thüringen angekommen.
"Auslandsreisen passen nicht zur Pandemie-Lage",
sagt Gesundheitsminister Spahn.
Das Kabinett hat die Regeln
für die Einreise aus Risikogebieten verschärft.
Eine Testpflicht
spätestens zwei Tage nach der Ankunft wurde beschlossen.
Sorge bereiten neue, wohl ansteckendere Virus-Varianten,
die erst in Großbritannien und Südafrika aufgetreten waren.
Die Mutanten wurden inzwischen auch in Deutschland nachgewiesen.
Virus-Mutationen tauchen immer häufiger in Deutschland auf.
An der Uniklinik Köln wurden
bei fünf positiven Corona-Tests Mutationen festgestellt.
Das mutierte Virus sei, so Virologen, bis zu 70 Prozent ansteckender.
Wenn diese Variante sich besser bei den Menschen einnisten kann,
ist eine bessere Verbreitung anzunehmen.
Die Ansteckungszahlen werden dann nicht sinken.
Wir müssen dann die Maßnahmen verlängern
oder gegebenenfalls verschärfen.
Wer aus einem Risikogebiet nach Deutschland kommt,
muss binnen 48 Stunden nachweisen, dass er nicht infiziert ist:
So ein Kabinettsbeschluss von heute.
Und es gilt eine Zehn-Tage-Quarantäne.
Bei Regionen mit dem mutierten Virus
braucht es vor Einreise ein negatives Testergebnis.
Viren mutieren, um sich besser verbreiten zu können.
Es ist wichtig, die Ausbreitung zu verhindern
und besonders gefährdete Gruppen zu schützen.
Wir tun das durch Testen, die neue Einreiseverordnung
und das Impfen der Ältesten und der Pflegeheimbewohner.
Um sich zu vermehren,
dockt das Virus an die Zellen im Menschen an.
Es schleust Erbinformationen in die menschliche Zelle.
Diese kopiert das Virus.
Es entstehen Millionen neuer Viruszellen.
Dabei gibt es auch Kopierfehler.
Jeder dieser Fehler verändert den genetischen Code, es mutiert.
Kritik kommt von Medizinern:
In Deutschland werde nicht systematisch sequenziert -
Mutationen zu spät analysiert.
Wir sequenzieren hauptsächlich bei Ausbrüchen,
um zu schauen, was da passiert.
Aber nicht nach einem vorgegeben Muster.
Die WHO rechnet damit,
dass noch mehr Mutationen weltweit verbreitet werden.
Seit Monaten protestieren Bauern gegen die Abnahmepreise,
die die großen Handelsketten ihnen zahlen.
Die niedersächsische Landesregierung
brachte heute beide Seiten zusammen.
Wirtschaftsminister Althusmann und Agrarministerin Otte-Kinast
riefen beide Seiten auf, faire Preise auszuhandeln.
An die Bundesregierung appellierten sie:
Einen Gesetzentwurf gegen unlautere Handelspraktiken
auf den Weg zu bringen.
600.000 Euro investierte dieser Bauer auf seinem Hof im Emsland
vor zehn Jahren in einen modernen Melkstall.
Auch für Umwelt- und Tierschutz nahm er Geld in die Hand.
Bei den aktuellen Milchpreisen ist das Abzahlen der Kredite langwierig.
Die vier großen Einzelhändler haben eine Kultur geschaffen,
die Molkereien einschüchtert.
Und sie zu vorauseilendem Gehorsam befehligt.
Man kann schnell ausgelistet werden.
In den letzten Wochen war der Streit um die Milchpreise
zwischen Landwirten und Händlern eskaliert.
Landwirte warfen den Händlern vor, Preise zu drücken.
Mehrmals blockierten Trecker die Lager des Discounters Aldi.
Politik, Handel und Landwirte suchten heute in Niedersachsen nach Lösungen.
Wir erwarten einen Verhaltenskodex.
Es ist unanständig, dass diese Gewinnmarge beim LEH bleibt.
Die Erzeuger müssen immer mehr Auflagen erfüllen.
Im Preis spiegelt sich das nicht wider.
So geht man mit den Landwirten nicht um.
Das haben wir deutlich gesagt.
Sie hofft, dass die Debatte im Land Vorbildcharakter für den Bund hat.
Den Druck auf Bundesebene erhöhen
will auch das Bündnis "Wir haben es satt".
Mit einer Protestaktion für Tier- und Klimaschutz - trotz Lockdowns.
Wir werden am Samstag am Kanzleramt sein.
Und uns weiter dafür einsetzen, dass die Landwirtschaft,
das Ernährungssystem und die Agrarpolitik besser werden.
Die Gespräche in Niedersachsen
beschreibt der Landwirt als emotional.
Mehr als ein Anfang waren sie nicht.
Viele Unternehmen sorgen sich in der Pandemie um ihre Existenz,
Bettina Seidl in der Frankfurter Börse.
Hilfen fließen langsam bis gar nicht.
Wie lässt sich die Situation am besten beschreiben?
Die Hilfen fließen nicht nur spärlich,
es ist auch kompliziert, sie zu beantragen.
Ohne Steuerberater läuft nichts.
Die Regierung hat das Kleingedruckte geändert.
Betriebe oder Selbständige müssen Verluste nachweisen.
Man befürchtet, dass Hilfen zurückgezahlt werden müssen.
Am DAX herrschte heute Zurückhaltung.
Aber bald beginnt die Berichtssaison.
Dann zeigt sich,
wie viel Schaden Corona und Lockdown angerichtet haben.
Anstiftung zum Aufruhr:
Das werfen die US-Demokraten Präsident Trump vor.
Sie machen ihn für den Kapitol-Sturm mit fünf Toten mitverantwortlich.
Am Abend stimmt das Repräsentantenhaus darüber ab,
ob ein Impeachment gegen Trump eingeleitet wird.
Dort haben die Demokraten eine Mehrheit.
Auch etliche Republikaner haben ihre Unterstützung signalisiert.
Claudia Buckenmaier in Washington.
Auch einige Republikaner wollen für das Verfahren stimmen,
in welchem Ausmaß?
Bisher haben lediglich fünf Republikaner kundgetan,
dass für ein Amtsenthebungsverfahren stimmen zu wollen.
Darunter bedeutende Abgeordnete mit viel Einfluss.
Die Zahl ist dennoch klein.
Amerikanische Medien berichten, dass der Mehrheitsführer im Senat,
McConnell, offen für ein Impeachment wäre.
Das könnte Signalwirkung haben.
Es wird erst dann wichtig, wenn das Verfahren in den Senat wandert.
Trump ist nur noch wenige Tage im Amt,
was will man mit dem Amtsenthebungsverfahren erreichen?
Wenn das Impeachment erfolgreich ist,
kann Donald Trump nie wieder für ein Amt kandidieren.
Es ist auch wichtig, den Wählern zu vermitteln, wo stehen Politiker,
wer für den Sturm auf das Kapitol verantwortlich ist.
Es zeigt sich, ob sie hinter Trump stehen
oder sich gegen ihn positionieren.
Militär sichert das Gerichtsgebäude.
Und das in Italien, mitten in der EU.
Aber der strenge Schutz ist nötig, denn in Kalabrien begann
einer der bisher größten Prozesse gegen die Mafia:
Gegen die 'Ndrangheta.
Etwa 350 Menschen sind angeklagt:
Clan-Mitglieder und mutmaßliche Helfer in Politik und Behörden.
Für zwei Millionen Euro wurde dieses ehemalige Callcenter in Lamezia Terme
zum Hochsicherheits-Bunker umgebaut.
Für den größten Mafia-Prozess seit 30 Jahren:
350 Angeklagte, 400 Anwälte, 900 Zeugen.
Chefankläger ist Staatsanwalt Nicola Gratteri,
er steht unter Personenschutz.
Momentan ist die 'Ndrangheta die gefährlichste Mafia
und auf allen Kontinenten vertreten.
Und die reichste, weil sie das Kokain-Monopol in Europa hat.
Die 'Ndrangheta ist tief verwurzelt in Kalabrien
und hat die Region im Würgegriff.
Sie ist zur weltweit mächtigsten Mafia-Organisation angewachsen.
Ihr Jahresumsatz wird auf 50 Milliarden Euro geschätzt.
In Deutschland gehören ihr Restaurants und Bars.
2007 wurden in Duisburg sechs Männer im Zuge eines Bandeskrieges
vor einer Pizzeria ermordet.
Die Mauer des Schweigens, die Omerta,
schützte die kalabrische Mafia jahrzehntelang vor Ermittlungen.
Aber das hat sich geändert.
Viele Unternehmer, denen die Mafia Schutzgelder abgepresst hat,
sagen jetzt gegen sie aus.
Auch ihnen ist es zu verdanken, dass der Prozess stattfinden kann.
Ich mache es für das kalabrische Volk.
Denn wenn die 'Ndrangheta will, findet sie mich.
Aber warum muss ich mich verstecken?
Der Staat muss ein anderes Signal geben:
Dass er präsent ist.
Die Augen Italiens sind auf Chefermittler Gratteri gerichtet.
Er rechnet in einem Jahr mit den ersten Urteilen.
Die Wetteraussichten:
Morgen viele Wolken.
Schneeregen im Osten, im Südwesten kräftiger Schneefall.
Im Nordwesten zeitweise Sonnenschein und trocken.
Es geht weiter mit Brisant.
Um 20 Uhr haben wir eine neue tagesschau für Sie.
Ihnen noch einen guten Abend.
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