Bevor Red Bull berühmt wurde… | KURZBIOGRAPHIE
Red Bull - schon lange geht es nicht mehr nur um diese Dose.
Kein Wunder.
Viele mögen den Geschmack des Energydrinks auch gar nicht -
sollen bereits interne Umfragen vor der Markteinführung
im Jahr 1987 ergeben haben.
Um zu verstehen, wie diese Marke
trotzdem so erfolgreich werden konnte,
muss man dennoch dem Weg der Dose folgen.
(Stiftkratzen)
Dafür können wir jedoch nicht in Europa bleiben,
sondern müssen uns zunächst auf eine Reise nach Südostasien begeben.
Hier wächst vor langer Zeit
ein kleiner Junge namens Chaleo Yoovidhya auf.
Seine Familie ist bitterarm
und lebt von traditioneller Entenzucht.
Schon früh müssen die fünf Geschwister mit anpacken.
Viel ist über Chaleos Werdegang nicht bekannt.
Und nicht alles lässt sich vollständig überprüfen.
So sagt man, dass er die Schule damals
nur bis zur fünften Klasse besucht haben soll,
um seine Eltern noch mehr bei der Entenzucht zu unterstützen.
Bis ihm sein Bruder schließlich eine Stelle als Verkäufer besorgt.
Doch der Betrieb geht irgendwann Pleite
und Chaleo als junger Mann in die Hauptstadt Thailands.
Hier soll er zum ersten Mal
kleine Erfahrungen als Unternehmer gesammelt haben, als er realisiert,
wie teuer die sogenannte Jackfrucht dort gehandelt wird.
Chaleo weiß, dass er sie auf dem Land deutlich günstiger bekommen kann
und wittert ein gutes Geschäft.
Blöd nur, dass er sich vorher nicht ausreichend
über den richtigen Erntezeitpunkt informiert
und seine Ware deshalb nicht loswird.
Doch daraus lernt er.
Vorbei also mit Früchten oder Enten.
Chaleo sucht sich nun ein lukrativeres Geschäftsfeld,
bildet sich weiter und vertreibt fortan Antibiotika.
Diesmal wird er damit wohl genug Erfahrungen gesammelt haben.
Denn in den 50er-Jahren
gründet er sein eigenes kleines Pharmaunternehmen.
Zu seinen Produkten gehören unter anderem
Schmerztabletten und Ohrentropfen,
aber auch ganz normale Drogerieartikel
wie Shampoo oder Zahnpasta.
Das er Letztere mit einer Lizenz aus Europa einführt
und dadurch den Kontakt zu einem tüchtigen Österreicher knüpfen wird,
soll sich später noch einmal richtig lohnen.
Aber zunächst weckt das Produkt eines thailändischen Mitbewerbers
seine Aufmerksamkeit:
Ein belebendes Getränk, das besonders unter wohlhabenderen Büroangestellten
beliebt gewesen sein soll.
Erneut wittert Chaleo ein gutes Geschäft
und wird sich wohl gefragt haben: Lässt sich etwas Ähnliches
nicht vielleicht auch an ärmere Menschen verkaufen?
Aus dem überstürzten Handel mit den Früchten
ist er inzwischen schlau geworden.
Also nimmt Chaleo den Drink seines Pharmakonkurrenten
nun vorerst ganz genau unter die Lupe.
Und das wahrscheinlich richtig intensiv.
Denn zwischen der Einführung von Lipovitan und Chaleos Getränk
liegen über zehn Jahre.
Doch 1976 ist es endlich so weit,
und Krating Daeng erscheint auf dem thailändischen Markt.
Übersetzt bedeutet das übrigens so viel wie: Roter Bulle.
Um tatsächlich eine andere Kundschaft zu erreichen,
lässt sich Chaleo einen besonderen Marketing-Move einfallen
und geht damit ein großes finanzielles Risiko ein.
Zur Einführung seines Getränks
verschenkt er über eine Million Fläschchen
an arme Arbeiter, Bauern, Lkw-Fahrer und so weiter.
Außerdem sorgt er mit einem Preis von umgerechnet 27 Cent dafür,
dass es sich wirklich jeder Thailänder leisten kann.
Und das funktioniert.
Krating Daeng sorgt schnell für große Umsätze.
Chaleo denkt schon bald an Expansion.
An der Stelle kommt wieder der tüchtige Österreicher ins Spiel,
der Chaleo ja bereits seit einiger Zeit mit Zahnpasta beliefert.
Sein Name: Dietrich Mateschitz.
Auch wenn die beiden sich da schon länger kennen,
ranken sich viele Mythen darüber,
wie genau Dietrich auf Chaleos Getränk aufmerksam wird.
Fest steht jedoch, dass er davon ziemlich begeistert ist
und Chaleo mehrere Jahre lang um die Erlaubnis bittet,
Krating Daeng selbstständig auf den westlichen Markt zu bringen.
Doch der zögert.
Was den damals fast 40-jährigen Dietrich überhaupt antreibt,
seine sichere und bestbezahlte Stelle als Marketingdirektor
aufgeben zu wollen?
Seine ganze Karriere über hatte er bis dahin
nur als Angestellter etablierter Unternehmen gearbeitet.
Warum wollte er nun plötzlich sein eigenes Ding machen?
Auch darüber lässt sich nur spekulieren.
Doch als ihm Chaleo nach gewohnt langer Bedenkzeit
1984 endlich zusagt, gibt es für ihn kein Zurück mehr.
Dietrich kündigt folglich seinen Job,
um sich von nun an nur noch seinem Start-up zu widmen.
Als ebenso großer Marketingprofi wird wohl auch er gewusst haben,
welche vier Schritte
laut wissenschaftlicher Modelle notwendig sind,
um sein junges Unternehmen zum Erfolg zu führen.
Erstens muss das Produkt natürlich für den westlichen Markt
vorbereitet werden.
Krating Daeng soll fortan also einfach "Red Bull" heißen.
Das Logo bleibt gleich, nur die Formel wird leicht verändert,
und so zum Beispiel bisher fehlende Kohlensäure hinzugefügt.
Zweitens braucht seine Ware natürlich auch einen guten Preis.
Dietrich will schließlich, im Gegensatz zu Chaleo,
viel Geld im Premiumsegment verdienen.
Warum also nicht einfach einen neue Produktkategorie
namens "Energydrink" erfinden
und mit einer verhältnismäßig kleinen Dose
die großen Kostenunterschiede verbergen?
Drittens muss der künftigen Kundschaft auch klar werden,
warum sie Red Bull überhaupt kaufen soll.
Doch wie der Name Energydrink schon vermuten lässt,
will Dietrich versprechen: Schluss mit Müdigkeit.
Trinkt Red Bull, und ihr könnt euch sofort besser konzentrieren
und mehr leisten.
Der Geschmack soll ihm als Werbebotschaft
nicht so wichtig gewesen sein.
Was für ihn zählte, war, die Wirkung zu transportieren,
behaupten Insider.
Doch der bedeutendste Baustein auf dem Weg zum Erfolg
ist für Red Bull, viertens, die Promotion.
Nach drei Jahren Tüftelei
bringt Dietrich die Dose 1987 auf den österreichischen Markt.
Um Red Bull bekannt zu machen, lässt er sich, ebenso wie Chaleo,
einige Marketing-Moves einfallen.
Angefangen bei kleinen Sportevents,
die Dietrich zu Beginn noch persönlich kontaktiert und beliefert,
wo der Eindruck entsteht:
Wer Red Bull trinkt, ist vermeintlich zu Höchstleistungen fähig
und wird zudem als Held gefeiert.
Über die Belieferung verschiedener Nachtklubs
und der daraus bald folgenden Mundpropaganda:
Wer Red Bull mit Alkohol mischt, können in rauen Mengen saufen,
scheinbar ohne betrunken oder müde zu werden.
Bis hin zur Tatsache, dass der Energydrink in Deutschland
wegen einzelner Inhaltsstoffe nicht so schnell zugelassen
und dadurch übergangsweise zur Schmuggelware wird,
sorgt das alles schließlich für Red Bulls Durchbruch im Westen.
Sowohl Chaleo als auch Dietrich
wurden schlussendlich zu Milliardären,
die vieles verbindet.
Vor allem aber die Tatsache,
dass sie erst auf Umwegen megaerfolgreich wurden,
hinterlässt den Eindruck, dass man sich wohl sogar als Bulle
zunächst die Hörner abstoßen muss, bevor einem etwas Flügel verleiht.
Warum Red Bull und andere Energydrinks
aber auch schon lange kritisiert werden,
erfahrt ihr bei "reporter".
Und eine weitere spannende Biografie ist hier ebenfalls verlinkt.
Bis zur nächsten Inspiration!
"Der Biograph".